Wir verlassen Bethlehem Richtung Süden und kommen nach Beit Fajjar – ein Dorf, das in den B- und C-Gebieten des Westjordanlands liegt und somit der israelischen Militärverwaltung unter-liegt. Nach einer mehrtägigen Straßensperre ist ein Zugang heute wieder möglich. Ein Dorf „abgeriegelt“ – was bedeutet das?
Die Mannschaft aus Susiya beim Gruppenbild, im Hintergrund in Orange die Spieler aus Um al Kheir
Die beiden Fußballteams von Um al Kheir und Susiya treffen sich zu einem Freundschaftsspiel an einem Donnerstag im März. Beide Dörfer liegen in den sogenannten C-Gebieten der South Hebron Hills und streiten seit vielen Jahren mit israelischen Behörden um eine rechtmäßige Anerkennung. Während die Menschen in Um al Kheir umsiedeln sollen, weil ihr Dorf direkt an die israelische Siedlung Karmel grenzt, sind Familien in Susiya in ihrer Existenz bedroht, da ihr ursprüngliches Dorf 1986 aufgrund seiner archäologischen Bedeutung in ein Museum umgewandelt wurde. Seitdem leben sie „illegal“ auf ihrem angrenzenden Farmland.
Gemeinsam mit vier Hirtenjungen aus Susiya und ihrer Herde sind wir in der hügeligen Landschaft von Masafer Yatta unterwegs. Die Frühlingssonne scheint, eine leichte Brise weht und die Wiesen leuchten in hellem Grün. Schafe und Ziegen erfreuen sich an dem frischen Futter und grasen genügsam.
Khaled (links) und Mohammad, zwei Bauern in Al Jiftlik, haben das Ernten der Zucchinis kurz unterbrochen, um mit uns zu sprechen. Ab Juni (bis September) werden sie aufhören müssen zu arbeiten, weil kein Wasser für die Felder mehr vorhanden sein wird.
Das Thema Wasser ist eines der wichtigsten in der Westbank und besonders im Jordantal. Fahren wir über Land in die Gemeinden, zu den Bauern, den Arbeitern und Arbeiterinnen oder den Hirtenfamilien, dann berichten sie über den Wassermangel, die Höhe der Wasserpreise, das Fehlen oder die Zerstörung von Wasserinfrastruktur.
Wie lebt es sich in einer israelischen Stadt, in der seit 15 Jahren Raketen militanter palästinensischer Gruppierungen aus dem Gazastreifen menschliches Leid verursachen? In einer Stadt, in deren unmittelbarer Nachbarschaft drei Gazakriege (2008, 2012, 2014) immense Verwüstungen und tausende Tote hinterlassen haben? Wir haben die Friedensaktivistin Nomika Zion in Sderot getroffen und von ihr erfahren dürfen, wie der Alltag knappe drei Kilometer entfernt vom Gazastreifen aussieht.
EAs und Schüler der Secondary Boys School in al-Khadr, Bethlehem
Zugegeben, auch mir fällt es manchmal schwer, diesem Gefühl der Hoffnungslosigkeit zu widersprechen, denn was weiß ich schon vom tatsächlichen Gefühl der Ohnmacht angesichts der seit Jahrzehnten andauernden Strapazen und Enttäuschungen im Heiligen Land. Doch höre ich auch andere Stimmen, für die das Wort „inshallah“ („so Gott will“) eine andere, eine lebenswertere Zukunft in Aussicht stellt…
Teil 4 der Portraitreihe: Unter Besatzung – Palästinensische und israelische Alltagsstimmen
EAs begleiten Kinder auf dem Weg zur Cordoba Schule
Eigentlich ist es wie überall auf der Welt: morgens schauen die Jungen und Mädchen mit ihren riesigen Rücksäcken uns EAs nur missmutig an oder ignorieren unser „Sabah al-chier“ (Guten Morgen) sogar gänzlich. Mittags jedoch sind sie alle froh, dass die Schule endlich vorbei ist und sie sind super aufgedreht. Plötzlich sind sie zu freundlichen, schüchternen Unterhaltungen aufgelegt, in denen sie stolz ihre Englischkenntnisse präsentieren. Oder sie machen sich frech Späße mit uns und reizen ihre Grenzen aus. Dafür braucht man nicht einmal Englisch. Und doch ist alles in Hebron so anders, als ich es beispielsweise von meinem Schulweg her kenne.
Es ist kalt, es ist nass und es ist dunkel. Halb fünf Uhr morgens: Ein palästinensischer Arbeiter fragt mich verzweifelt „Sag mir, sind wir Tiere“? Dabei zeigt er auf einen seiner Mitmenschen, der sich durch einen ca. 25cm hohen Spalt unter einem Metallgitter hindurchzwängt. Niemals im Leben hätten wir gedacht, dass dort ein Mensch hindurchpassen würde. An diesem Morgen sind es mehr als hundert Männer die so versuchen, die menschenunwürdige, elendige und Stunden dauernde Prozedur am Checkpoint ein wenig zu verkürzen.
Häuser palästinensischer Familien unterhalb der Siedlung Kiryat Arba
Wenn wir um unser Leben und das unserer Kinder fürchten, dann wählen wir den Notruf. Wenn dutzende bewaffnete und feindselige Nachbarn in unserem Garten stehen, uns mit Steinen und Molotowcocktails bewerfen, dann kommt wahrscheinlich mehr als nur die Polizei. Wenn der Palästinenser Kayed Daana in diesem Fall den israelischen Notruf wählt weiß er nicht, ob die Polizei überhaupt kommt, und wenn sie kommt, ob sie ihm hilft. „Der einzige, der uns beschützt, ist unser Gott“ sagt Kayed. Denn die Grundstücke von Kayed Daana und seiner Kinder grenzen an den Sicherheitszaun der Siedlung Kiryat Arba.
Läufer*innen aus Palästina beim Marathon in Kopenhagen
Wir schreiben den 18. Oktober, die neuen Ökumenischen Begleiter*innen (EAs) der Gruppe 58 haben sich zwischenzeitlich in ihren 6 Einsatzorten im Westjordanland und Ostjerusalem eingefunden. Doch der 18. Oktober markiert auch eine andere, alarmierende Marke. So sind seit Monatsbeginn 7 Israelis und 40 Palästinenser ums Leben gekommen.