Ausstellung „Begegnungen in Palästina und Israel“

Eine Ausstellung des EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V.

8. September – 20. November 2024: Kassel
Veranstalter ist die Ev. Kirchengemeinde Friedenskirche in Kassel
Ausstellungsort: Stadtteilzentrum Vorderer Westen, Elfbuchenstr. 3, 34119 Kassel
Öffnungszeiten: Mittwochs 15-18 Uhr und parallel zu Veranstaltungen, die im Haus stattfinden

1.10. 19:00 Uhr: „Als Menschenrechtsbeobachterin unterwegs“ – Christiane Berg berichtet von ihren Einsätzen mit dem EAPPI Programm

16.10. 17:30 Uhr: „Warum ich mich zum Kampf für Frieden entschieden habe“ – Lesung. Persönliche Geschichten von israelischen und palästinensischen Männern und Frauen

5.11. 19:00 Uhr: „Disturbing the Peace“ – Ein Film über die israelisch-palästinensische Organisatinen Combatants for Peace

Weitere Informationen zur Ausstellung können Sie dem Flyer der Veranstalter:innen entnehmen.


Unsere Ausstellung „Begegnungen in Palästina und Israel“ wurde ab 2020 von Mitgliedern unseres Vereins entwickelt und im November 2021 zum erste Mal gezeigt. Sie lässt Palästinenser:innen und Israelis zu Wort kommen, die wir im Rahmen unserer Einsatzes getroffen haben. Die Lebensumstände der Portraitierten haben wir dabei vor allem vor dem Hintergrund von Konflikt und Besatzung kennengelernt, sei es, weil sie als Betroffene von Gewalt oder Einschränkungen unsere Begleitung erbeten hatten, sei es, weil wir sie als Engagierte für einen gerechten Frieden erlebt haben. Die Ausstellung begleitende Sachinformationen zum Kontext der Besatzung (aktualisiert im Juli 2024) finden Sie nachfolgend verlinkt.

Ausleihe der Ausstellung

Haben auch Sie Interesse, die Ausstellung zu leihen? Dann wenden Sie sich gern an kontakt@eappi-netzwerk.de. Die Ausstellung besteht aus 18 Portraittafeln, 2 Informationstafel und 2 Gedichttafeln. Sie kann in zwei Größen ausgeliehen werden:

Set 1: Hartschaumplatten mit Aufhängung 93×93 cm
Set 2: Poster mit Posterschienen 60×60 cm

Der Versand erfolgt je nach Größe per Spedition bzw. Paketpost. Für den Verleih der Ausstellung bitten wir um eine Spende.

Hier finden Sie praktische Informationen zur Ausleihe der Ausstellung >>

Ausstellung "Begegnungen in Palästina und Israel"
Ausstellungstafel „Begegnungen in Palästina und Israel“

Sachinformationen zur Ausstellung

Das Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel) ist eine Initiative des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) und die Antwort auf einen Hilferuf der Kirchenoberhäupter Jerusalems im Jahr 2001.

Der Auftrag von EAPPI ist es, Palästinenser*innen und Israelis in ihrem Alltag unter Besatzung, bzw. bei ihrem Engagement für Gerechtigkeit und Frieden zu begleiten. Die Teilnehmer*innen des Programms beobachten während ihres dreimonatigen Einsatzes die Lage vor Ort und melden Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht an UN-Organisationen sowie lokale und internationale Partnerorganisationen. Sie dokumentieren Aktionen gewaltlosen Widerstands an der Seite lokaler christlicher und muslimischer Palästinenser*innen und israelischer Friedensaktivist*innen,
gewähren Schutz durch ihre Anwesenheit, setzen sich für politische Veränderungen ein und üben ganz grundsätzlich Solidarität mit den Kirchen und allen, die sich gewaltfrei für ein Ende der Besatzung engagieren. Alle Aktivitäten des Programms stützen sich auf das Völkerrecht und die einschlägigen UN-Resolutionen.

Institutionen und Gruppen aus über 20 Ländern entsenden Teilnehmende in den Einsatz mit EAPPI. In Deutschland wird das Programm von einem Koordinierungskreis verschiedener kirchlicher Werke getragen. Das Netzwerk ehemaliger deutscher EAPPI Teilnehmender wurde im Jahr 2005 gegründet. Es dient dem Austausch und der Durchführung gemeinsamer Aktionen zum Thema Palästina und Israel in Deutschland. Mittlerweile waren über 125 Deutsche, manche von ihnen mehrmalig, mit EAPPI im Einsatz. Jedes Jahr kommen bis zu zehn neue „Ecumenical Accompaniers – Ökumenische Begleiter*innen“
hinzu.

2014 wurde zur Unterstützung der Arbeit des Netzwerks der Verein „EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V.“ gegründet, der verantwortlich für diese
Ausstellung zeichnet.

Die Zivilgesellschaft in Israel und Palästina bildet einen wichtigen Gegenpol zu einer Politik der Konfrontation. Denn auf beiden Seiten setzen sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) für Aufklärung und Verständigung ein. Mit ihrem Wissen über Folgen der Besatzung und ihrem Einsatz für Menschenrechte sind sie auch wichtige Informationsquellen und Partner*innen der Ökumenischen Begleiter*Innen.

Partnerschaften mit palästinensischen NGOs sind bei vielen Themen hilfreich. Etwa, wenn es um Rechtsbeistand bei Hauszerstörungen geht (Society of St. Yves), um lokale Selbstorganisation in Ost-Jerusalem (Wadi Hilweh Information Center), in Nahalin bei Bethlehem (Tent of Nations) oder in Hebron (YAS – Youth against Settlements).

International bekannter als diese palästinensischen sind viele israelische NGOs. Sie widmen sich Themen wie Übergriffen der israelischen Armee in den besetzten Gebieten (Breaking the Silence) oder beobachten die Zustände an Checkpoints innerhalb der Westbank und an Übergängen nach Israel (Machsom Watch). Sie üben Solidarität im Dienste der Verständigung (Rabbis for Human Rights), treten bei Mahnwachen für ein Ende der Besatzung (Women in Black) ein oder engagieren sich für Rechtssicherheit (Yesh Din – deutsch: „Es gibt Recht“).

In einer ganzen Reihe von Organisationen engagieren sich Palästinenser*innen und Israelis auch gemeinsam, etwa wenn es um Menschenrechtsverletzungen (B’Tselem) geht, um die Militärgerichtsbarkeit in den besetzten Gebieten (Military Court Watch), die gemeinsame Friedensarbeit ehemaliger Kämpfer*innen beider Seiten (Combatants for Peace) oder um Verständnis für den Schmerz und die Trauer der anderen Seite, etwa das Leiden unter dem Verlust von Verwandten der anderen durch Gewalt der eigenen Seite (Parents Circle Families Forum). Die Kooperation der israelischen Women Wage Peace mit den palästinensischen Women of the Sun und die Gründung der Bewegung Standing Together jüdischer und palästinensischer Bürger*innen Israels sind neue Beispiele für Kooperationen, die eine gerechte, friedliche und sichere Zukunft für die Menschen beider Seiten zum Ziel haben.

Diese NGOs werden großenteils auch international gefördert, von privaten Stiftungen, von staatlichen und supranationalen Institutionen. Sie sind deshalb allerdings auch gefährdet. Denn seit Jahren gibt es vor Ort Diskussionen über Hürden für finanzielle Unterstützung, 2016 wurde vom israelischen Parlament das sogenannte NGO Law verabschiedet[1]: Organisationen, die finanzielle Unterstützung hauptsächlich von ausländischen staatlichen Stellen erhalten, müssen dies in ihren Berichten, Publikationen und bei Lobbytätigkeiten kenntlich machen .

Ebenso wird Druck ausgeübt auf palästinensische NGOs, die sich kritisch mit der Politik der Palästinensischen Autonomiebehörde in der Westbank bzw. den Hamas-Institutionen in Gaza auseinandersetzen[2]. Im Oktober 2021 erklärte das israelische Verteidigungsministerium zudem 6 palästinensische NGOs zu Terrororganisationen. Obwohl das deutsche Außenministerium keine ausreichenden Beweise für diese Klassifizierung sieht, wurde die deutsche staatliche Förderung für die betroffenen NGOs eingestellt[3].

In der Defensive sind ohnedies all jene Organisationen, die in Zeiten zunehmender Abgrenzung für das Verständnis der jeweils anderen Seite eintreten.

[1] https://law.acri.org.il/en/2016/07/11/update-ngo-law-passed/ besucht 28.06.2024

[2] https://www.ohchr.org/en/press-releases/2023/06/rights-civil-society-members-are-being-violated-all-entities-israel-and  besucht am 28.06.2024

[3] https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/warum-einige-palaestinensische-ngos-kein-deutsches-geld-mehr-bekommen-19514577.html besucht am 28.06.2024

Angehörige christlicher Konfessionen bilden in Israel und Palästina eine Minderheit: In Israel leben etwa 185.000 Christ*innen[1] (ca. 1,9 % der Bevölkerung), in den palästinensischen Gebieten etwa 50.000[2] (ca. 1 %). In der Westbank lebt der Großteil von ihnen in den Regionen Bethlehem und Ramallah.

Folgende Konfessionen sind in Israel und Palästina vertreten:

– Orientalisch-orthodoxe (altorientalische) Kirchen (koptische, syrisch-orthodoxe, äthiopisch-orthodoxe, armenische Kirche)

– Orthodoxe Kirchen (griechisch-, russisch-, rumänisch-orthodoxe)

– Römisch-katholische Kirchen und mit Rom unierte Kirchen

– Protestantische Kirchen (anglikanische, presbyterianische, lutherische, Freikirchen)

Mit Blick auf die historischen Steine an den heiligen Stätten bezeichnen sich die einheimischen Christ*innen selbst als die „lebendigen Steine“[3], als eine Präsenz, deren Ursprung auf die Gründung der Urgemeinde zurückgeht.

In Israel sind Christ*innen formal gleichberechtigt. Faktisch erfahren sie, als Teil der arabischen Minderheit, z.B. in Bezug auf Bildung, Beruf oder Grundeigentum, Benachteiligungen[4].

Die Gesetzgebung der Palästinensischen Autonomiebehörde garantiert den Christinnen und Christen innerhalb der islamisch geprägten Gesellschaft Gleichberechtigung. Im politischen und kulturellen Leben sind sie im Verhältnis zu ihrer Zahl zum Teil überrepräsentiert. Mitunter führt religiöser Rigorismus jedoch zu Spannungen zwischen Muslimen und Christ*innen.

Christ*innen leiden unter dem Zustand der Besatzung genauso wie ihre muslimischen Landsleute. Viele verfügen über einen hohen Bildungsstand und sind international gut vernetzt. Das hat zur Folge, dass immer mehr Menschen auswandern, um der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation zu entkommen[5]. Wird der aktuelle Auswanderungstrend nicht gestoppt, ist es möglich, dass es in absehbarer Zeit kaum noch einheimische Christ*innen im Heiligen Land gibt. Kirchen rufen zum Bleiben auf, zum Ausharren als eine Form des Widerstandes.

Einheimische Christ*innen in Palästina vermissen oft die Solidarität der christlichen Pilger*innen, die das Heilige Land bereisen. Viele Pilgergruppen besuchen die historischen christlichen Stätten und feiern in der Regel ihre eigenen Gottesdienste. Die Situation ihrer Glaubensbrüder und -schwestern wird jedoch vielfach nicht wahrgenommen. Pilger*innen könnten ihrer Solidarität dadurch Ausdruck verleihen, dass sie die arabischsprachigen Gottesdienste der lokalen Gemeinden besuchen.

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Christianity_in_Israel besucht am 28.06.2024

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Palestinian_Christians besucht am 28.06.2024

[3] https://www.jerusalemsverein.de/wp-content/uploads/Israel-Palaestina-Zukunft-Christen_ILB_1_2023.pdf Seite 8 besucht am 28.06.2024

[4] https://www.english.acri.org.il/arab-minority-rights besucht am 28.06.2024

[5] https://pcpsr.org/en/node/806 besucht am 28.06.2024

Baubeginn der Sperranlage war 2002, als auf dem Höhepunkt der Zweiten Intifada regelmäßig Attentate von palästinensischen Gruppen in Israel verübt wurden. Gegenwärtig sind etwa 65 % der Barriere fertiggestellt[1], teilweise als 8 m hohe Mauer, teilweise als elektronisch gesicherter doppelter Metallzaun mit einem bis zu 70 m breiten Sicherheitsstreifen. Auf 85 % ihrer Länge weicht die Sperranlage in die Westbank hinein von der sogenannten „Grünen Linie“ (Waffenstillstandslinie von 1949) ab[2], die international anerkannt ist als Grundlage einer zukünftigen Grenze zwischen Israel und einem palästinensischen Staat, mitunter bis zu 20 km. In ihrer gebauten und geplanten Route hat die Sperranlage deshalb mehr als die doppelte Länge der „Grünen Linie“.

Israelis und ausländische Besucher*innen dürfen die Sperranlage passieren. Palästinenser*innen müssen einen Passierschein beantragen, z.B. um in Israel zu arbeiten, zur medizinischen Behandlung, zum Gottesdienstbesuch oder dem Besuch inhaftierter Angehöriger. Anträge werden häufig abgelehnt[3]. Eine Erlaubnis wird nur nach intensiver Sicherheitsprüfung gewährt und ist in den meisten Fällen strikt auf den Tagesaufenthalt begrenzt. Die Kontrollen an den Checkpoints sind nicht selten mit stundenlangem Warten und demütigenden Schikanen verbunden.

Dort, wo die Sperranlage auf palästinensischem Gebiet verläuft, entsteht zwischen Grenze und Sperranlage eine Randzone (Seam-Zone), innerhalb der dutzende Dörfer und tausende Hektar Land abgeriegelt sind[4]. Es ist ein besonders wasser- und ressourcenreicher Landesteil, wichtig für den Gemüse- und Obstanbau. Für viele tausend palästinensische Einwohner*innen dieser Zone ist die Versorgung, der Zugang zur Arbeitsstelle, zu den Verwandten, zu Schulen, Universitäten und Kultureinrichtungen erschwert. Darüber hinaus besitzen Bauern und Bäuerinnen aus etwa 150 Dörfern nahe der Sperranlage Felder innerhalb der Seam-Zone, zu denen ihnen der freie Zugang verwehrt ist[5]. Nur mit Passierscheinen können sie stundenweise durch einen der Landwirtschaftscheckpoints, die größtenteils nur saisonal betrieben werden, zu ihren Äckern, Olivenhainen oder Plantagen gelangen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erstellte auf Antrag der UNO 2004 ein Rechtsgutachten[6]. Darin wurde festgestellt: Der Verlauf der Sperranlage verstößt gegen internationales Recht. Israel kann dafür nicht das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch nehmen. Der Bau nimmt einseitig territoriale Veränderungen vor, stellt faktisch eine Annexion von Land dar und verletzt grundlegende Rechte der palästinensischen Bevölkerung. Das Gericht erklärte, dass die Sperranlage dort, wo sie auf dem Gebiet der Westbank, bzw. in Ost-Jerusalem verläuft, abgebaut und die vom Bau Betroffenen entschädigt werden sollten. Israel hat die Gültigkeit des Gutachtens nicht anerkannt.

[1] https://www.ochaopt.org/content/humanitarian-impact-20-years-barrier-december-2022 besucht am 28.06.2024

[2] https://www.btselem.org/separation_barrier besucht am 28.06.2024

[3] https://www.972mag.com/permit-regime-oslo-accords-separation/ besucht am 28.06.2024

[4] https://www.ochaopt.org/content/humanitarian-impact-20-years-barrier-december-2022 besucht am 28.06.2024

[5] ebenda

[6] https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/131/131-20040709-ADV-01-00-EN.pdf besucht am 28.06.2024

Seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 ist das Westjordanland – einschließlich Ostjerusalem – von der israelischen Armee besetzt. Im Oslo-II-Abkommen von 1995 wurde die Westbank in drei Zonen unterschiedlicher Autonomie aufgeteilt. Dieses Interimsabkommen sollte nur ein erster Schritt hin zu einer kompletten Autonomie der palästinensischen Gebiete sein. Eine Zwei-Staaten-Lösung und Frieden schienen damals greifbar nahe. Leider erfüllte sich diese Hoffnung auf eine politische Lösung des Konflikts nicht, radikale Kräfte auf beiden Seiten erstarkten.

In ihrer Koalitionsvereinbarung formulierte die Ende 2022 neu gewählte israelische Regierung den exklusiven Anspruch des jüdischen Volkes auf das gesamte Land Israel, einschließlich des Westjordanlands.[1] Dort wurde ebenfalls festgehalten, dass der Premierminister ein Konzept zur Übertragung staatlicher Souveränität auf das Westjordanland konzipieren möge[2]. 2024 haben rechtliche und organisatorische Schritte – etwa die Übergabe administrativer Verantwortung für zivile Angelegenheiten in den besetzten Gebieten von der israelischen Armee an eine zivile Verwaltung – zu einer Situation von de-facto Annexion des Westjordanlands geführt[3].

Zone A (ca. 18 % der Westbank) Die Zone A umfasst überwiegend die Gebiete der großen palästinensischen Städte. Hier hat die Palästinensische Autonomiebehörde die Verantwortung für Sicherheit und zivile Angelegenheiten. Dennoch führt die israelische Armee auch in diesen Gebieten immer wieder militärische Operationen durch.

Zone B (ca. 22 % der Westbank) In der Zone B liegen vor allem die palästinensischen Kleinstädte und Dörfer. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat die Verantwortung für zivile Angelegenheiten. Für Sicherheitsfragen sind palästinensische und israelische Behörden gemeinsam verantwortlich.

Zone C (ca. 60 % der Westbank) In der Zone C leben ca. 300 000 Palästinenser*innen. Die israelische Armee hat die vollständige Kontrolle über Sicherheit und zivile Angelegenheiten. Hier befinden sich auch die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen, Naturschutzgebiete, wichtige Verbindungsstraßen, Militärübungsgelände.

In 70 % der Zone C ist es den Palästinenser*innen untersagt, Bautätigkeiten durchzuführen[4]. Im übrigen Gebiet müssen sie Baugenehmigungen bei den israelischen Behörden beantragen. Diese werden selten erteilt (Ablehnungsquote: etwa 95 %[5]), ganz egal, ob es sich um ein Wohnhaus, eine Schule, einen Zaun, einen Brunnen oder eine Wasserleitung handelt.

Bauen die Palästinenser*innen dort dennoch auf ihrem eigenen Grund und Boden, müssen sie damit rechnen, dass die gebaute Struktur auf Anordnung der israelischen Militäradministration zerstört wird. Seit Beginn der Erfassung im Januar 2009 bis Juni 2024 verzeichnete UNOCHA[6] die Zerstörung von etwa 3.000 Wohnhäusern. Über 16.500 Menschen wurden obdachlos, die Hälfte von ihnen Kinder. Hinzu kommen über etwa 8.000 Zerstörungen von nicht bewohnten Häusern, Zäunen, Zisternen, Lagerräumen, landwirtschaftlichen Gebäuden und Infrastruktur. Das Jahr 2023 stellte mit 1.177 im Westjordanland einschließlich Ost-Jerusalem zerstörten Objekten bisher einen traurigen Höhepunkt dar[7].

Gleichzeitig wird der Ausbau der völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den C-Gebieten forciert. Etwa 140.000 Hektar Fläche der Westbank wurden bis 2018 zu israelischem Staatsland erklärt und davon etwa 50% für Bebauung und Entwicklung bereitgestellt: 99,76% für israelische, 0,24% für palästinensische Nutzung[8]. Allein in der ersten Jahreshälfte 2024 wurden 2.300 Hektar palästinensischer Flächen zu israelischem Staatsland erklärt, mit Abstand die größte derartige Klassifizierung seit den Verhandlungen zu den Osloer Verträgen vor mehr als 30 Jahren[9].

[1] Auf palästinensischer Seite erheben Gruppen wie z.B. Hamas Anspruch auf das gesamte Gebiet des historischen Palästina und sind bereit, diesen Anspruch mit Gewalt einzufordern, wie etwa am 7. Oktober 2023 geschehen.

[2] https://www.swp-berlin.org/10.18449/2023A03/ Absatz „Besetzte Gebiete“, besucht am 28.06.2024

[3] https://peacenow.org.il/en/the-annexation-agenda-of-the-israeli-government besucht am 28.06.2024

[4] https://www.ochaopt.org/content/under-threat-demolition-orders-area-c-west-bank, Seite 6, besucht am 28.06.2024

[5] https://peacenow.org.il/en/the-civil-administration-acknowledges-extreme-discrimination-in-building-permits-and-law-enforcement-between-palestinians-and-settlers besucht am 28.06.2024

[6] https://www.ochaopt.org/data/demolition besucht am 28.06.2024

[7] ebenda

[8] https://peacenow.org.il/en/state-land-allocation-west-bank-israelis besucht am 28.06.2024

[9] https://peacenow.org.il/en/state-land-declaration-12000-dunams besucht am 09.07.2024

Unmittelbar nach der Besetzung im Sechs-Tage-Krieg 1967 wurden im Westjordanland und im inzwischen annektierten Ost-Jerusalem die ersten israelischen Siedlungen gegründet. Neben regierungsamtlich geplanten Städten und Wohngebieten unterschiedlicher Größe errichten häufig national-religiöse Aktivist*innen Caravan- und Barackenunterkünfte, sogenannte Außenposten, die dann in kürzester Zeit von staatlichen Stellen mit Straßen, Strom und Wasser versorgt werden.

Nach humanitärem Völkerrecht gelten alle Siedlungen und Siedlungsaußenposten als illegal, da eine Besatzungsmacht die eigene Zivilbevölkerung nicht in besetztes Gebiet transferieren darf (IV. Genfer Konvention 49/6[1]). Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Siedlungsbau 2016 deutlich mit Resolution 2334[2]. Nach israelischem Recht wird die unautorisierte Errichtung von Außenposten zwar als illegal angesehen, jedoch wird die rückwirkende Legalisierung älterer und neuer Außenposten seit einigen Jahren mit Hochdruck vorangetrieben[3].

Die meisten Staaten, einschließlich Deutschland, unterscheiden hinsichtlich ihrer Beziehungen zu Israel strikt zwischen dem Staatsgebiet und den Siedlungen.

Heute leben mehr als 700.000 jüdische Siedler*innen in 160 Siedlungen und über 190 Außenposten im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem[4]. Die 2022 gewählte israelische Regierung hat damit begonnen, die Vorkehrungen für den Zuzug von 500.000 weiteren Siedler*innen in das Westjordanland zu treffen[5]. Durch den Siedlungsbau wird die territoriale, wirtschaftliche und soziale Kohärenz des palästinensischen Gebiets aufgelöst und die Möglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung effektiv verhindert.

Die Siedlungstätigkeit wird durch administrative und finanzielle Erleichterungen[6] unterstützt. Durch die Einführung der sogenannten „Settlements Administration“, einer von Siedler*innen getragenen Verwaltung im israelischen Verteidigungsministerium, sind zahlreiche regulatorische Hürden für ein rasanteres Wachstum der Siedlungen und de-facto Annexion des Westjordanlands weggefallen[7].

Siedlungen verfügen über eine gute Verkehrsanbindung an das israelische Kernland und eine moderne technische und soziale Infrastruktur. Sie liegen zumeist in der nach dem Oslo-Abkommen von Israel vollständig kontrollierten Zone C des Westjordanlandes und werden, einschließlich der auch nach israelischem Recht illegalen Außenposten, vom Militär geschützt.

Neben von Israel zu Staatsland erklärten Gebieten werden viele der Siedlungen zumindest partiell auf palästinensischem Privatland gebaut, wodurch immer mehr Land für die ansässige Bevölkerung verloren geht[8]. Dieser Trend wurde in den vergangenen Jahren noch verstärkt durch die zunehmende Errichtung sogenannter landwirtschaftlicher Außenposten[9]: Eine kleine Gruppe Siedler*innen verhindert durch aggressive Weidetätigkeit den Zugang palästinensischer Hirt*innen zu ihrem Land. So werden mit relativ einfachen Mitteln nach und nach riesige Flächen für den Ausbau von Siedlungen und Siedlungsinfrastruktur gewonnen.

Die Gewalt extremistischer Siedler*innen gegen Palästinenser*innen und deren Eigentum hat in den letzten Jahren stark zugenommen, mit einem dramatischen Anstieg der Fälle im Schatten des Kriegs in Gaza[10]. Das Militär schreitet kaum ein, nur sehr selten kommt es zur Strafverfolgung[11]. In Folge der Siedlergewalt wurden bis Juni 2024 18 palästinensische Gemeinden von ihren Bewohner:innen vollständig aufgegeben, aus zahlreichen weiteren Dörfern sind einzelne Familien weggezogen[12]. Diese sogenannte erzwungene Umsiedlung stellt einen klaren Verstoß gegen internationales Recht dar.

[1] https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1951/300_302_297/de besucht am 28.06.2024

[2] https://www.un.org/depts/german/sr/sr_16/sr2334.pdf besucht 28.06.2024

[3] https://www.timesofisrael.com/smotrich-said-pushing-to-start-legalization-process-for-68-illegal-west-bank-outposts/ besucht am 28.06.2024

[4] https://peacenow.org.il/en/settlements-watch/settlements-data/population besucht am 28.06.2024

[5] https://www.haaretz.com/israel-news/2023-05-18/ty-article/.premium/far-right-israeli-minister-lays-groundwork-for-doubling-west-bank-settler-population/00000188-2de6-d6e4-ab9d-ede74a3e0000 besucht am 28.06.2024

[6] https://peacenow.org.il/en/the-annexation-agenda-of-the-israeli-government besucht am 28.06.2024

[7] https://www.timesofisrael.com/drawing-annexation-claims-idf-hands-many-west-bank-powers-to-civilian-ally-of-smotrich/ besucht am 28.06.2024

[8] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-revealed-3-500-settlement-homes-built-on-private-palestinian-land-1.5445036 besucht am 28.06.2024

[9] https://www.keremnavot.org/thewildwest besucht am 28.06.2024

[10] https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-westjordanland-122.html besucht am 28.06.2024

[11] https://www.yesh-din.org/en/category/settler-violence/ besucht am 17.12.2020

[12] https://www.btselem.org/settler_violence/20231019_forcible_transfer_of_isolated_communities_and_families_in_area_c_under_the_cover_of_gaza_fighting besucht am 28.06.2024

Über 900.000 Menschen leben heute in Jerusalem. Der politische Status der Stadt, die den drei monotheistischen Weltreligionen heilig ist, ist umstritten. Während Israel ganz Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt ansieht und dies mit der einseitigen Erweiterung des Stadtgebiets in die Westbank hinein bereits 1967 und der völkerrechtswidrigen Annexion Ost- Jerusalems 1980 untermauert hat, hoffen die Palästinenser*innen, Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres zukünftigen Staates machen zu können.

Die meisten in Ost-Jerusalem lebenden Palästinenser*innen besitzen keine israelische Staatsbürgerschaft, sondern lediglich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Diese kann bei längerer Abwesenheit, z.B. aufgrund von Studium oder Arbeit im Ausland, entzogen werden. Seit 1967 haben mindestens 14.800 Palästinenser*innen aus Ost-Jerusalem ihre Aufenthaltsgenehmigung verloren[1].

Im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieges (1948-49) flohen die palästinensischen Bewohner*innen West-Jerusalems oder wurden vertrieben. Die jüdischen Einwohner*innen Ost-Jerusalems flohen gen Westen oder wurden vertrieben. Bis heute haben Palästinenser*innen keine Möglichkeit, in ihre Häuser in West-Jerusalem zurückzukehren. Im Gegensatz dazu kommt es immer häufiger zur Räumung der von palästinensischen Familien bewohnten Wohnungen und Gebäuden in Ost-Jerusalem, die vor 1948 in jüdischem Besitz waren[2]. Siedler*innen ziehen dann in diese Objekte ein.

In Ost-Jerusalem leben etwa 360.000 Palästinenser*innen und in 14 Siedlungen etwa 230.000 israelische Siedler*innen[3]. Die Siedlungen verstoßen gegen internationales Recht, da auch Ost-Jerusalem von fast allen Staaten weiterhin als besetztes Gebiet gesehen wird. Nur etwa 15% der Fläche Ost-Jerusalems ist für palästinensisches Wohnen vorgesehen, der Großteil ist bereits bebaut. Baugenehmigungen für Palästinenser*innen werden nur in seltenen Fällen ausgestellt, weshalb nach Einschätzung der UN etwa 1/3 aller palästinensischen Gebäude in Ost-Jerusalem aus Sicht der Behörden illegal errichtet wurde und etwa 100.000 Menschen von der Zerstörung ihrer Häuser und Wohnungen bedroht sind[4]. Fast die Hälfte aller Hauszerstörungen in Ost-Jerusalem wird mittlerweile von den Eigentümer*innen selbst ausgeführt, u.a. um die immensen Kosten einer Zerstörung durch die Behörden zu vermeiden[5]

Alle Einwohner*innen Jerusalems zahlen Steuern. Trotzdem ist die Versorgung der östlichen Stadtteile sehr viel schlechter, 2013 flossen nur etwa 10% des Budgets der Stadtverwaltung in die arabischen Stadtteile[6]. Dies gilt z.B. für die Bereiche Bildung, Abfallwirtschaft, Versorgung mit Wasser und Strom und Zugang zu Einrichtungen der medizinischen Versorgung. Nach Angaben der Association for Civil Rights in Israel (ACRI) leben 75% der Palästinenser*innen Ost-Jerusalems unterhalb der Armutsgrenze[7].

[1] https://hamoked.org/document.php?dID=Updates2344 besucht am 28.06.2024

[2] https://www.nrc.no/perspectives/2021/10-things-you-should-know-about-the-evictions-in-east-jerusalem/ besucht am 28.06.2024

[3] https://peacenow.org.il/en/settlements-watch/settlements-data/jerusalem besucht am 28.06.2024

[4] https://www.ochaopt.org/content/record-number-demolitions-including-self-demolitions-east-jerusalem-april-2019 besucht am 28.06.2024

[5] https://ps.boell.org/en/2023/02/15/self-demolition-jerusalem-between-hammer-and-anvil besucht am 28.06.2024

[6] https://www.ir-amim.org.il/en/policy_papers/jerusalem-municipality-budget-analysis-2013-share-investment-east-jerusalem besucht am 28.06.2024

[7] https://www.english.acri.org.il/post/__283 besucht am 28.06.2024

Bildung ist ein Menschenrecht. Sie dient dem Kindeswohl und bietet Entwicklungschancen, die das Konfliktpotenzial senken. Und sie kann einer forcierten Abwanderung aufgrund mangelnder Zukunftsperspektiven begegnen. Doch Bildung findet in den besetzten Gebieten unter wachsender Bedrängnis statt.

Nach UN-Angaben haben die israelischen Behörden seit 2010 bis Mai 2023 mindestens 36 Zerstörungen von bzw. an 20 Schulen im Westjordanland und Ost-Jerusalem vorgenommen, 57 Schulen waren im Frühjahr 2023 von Zerstörung bedroht[1]. Ein Teil dieser Schulen hat finanzielle Hilfe von EU-Staaten erhalten. Begründet werden die Zerstörungsanordnungen meist mit fehlenden Baugenehmigungen der israelischen Behörden, die jedoch so gut wie nie erteilt werden. Ein UN-Bericht aus dem Jahr 2016 gab an, dass rund 10.000 Kinder Schulen in Zelten, Wellblechhütten, Containern oder Holzverschlägen besuchten[2].

Tausende palästinensische Kinder müssen auf ihrem Schulweg Sperranlagen und Checkpoints passieren. Immer wieder sind sie dabei Durchsuchungen durch israelische Sicherheitskräfte ausgesetzt. Jahr für Jahr werden zudem dutzende Übergriffe durch Armee und Siedler*innen auf Lernende, Lehrpersonal und Schulen dokumentiert. Die Armee setzt dabei auch Tränengas, Knallgranaten und Gummimantelgeschosse ein. Auch kann es auf dem Schulweg oder an der Schule zu Verhaftungen von Schüler:innen kommen[3].

Solche Vorgänge haben bei Heranwachsenden, mehr noch als bei Erwachsenen, traumatische Wirkung. Albträume, Bettnässen, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Verhaltensauffälligkeiten können Symptome dafür sein. Schlechtere schulische Leistungen bis hin zum Schulabbruch sind mögliche Folgen.

[1] https://www.nrc.no/news/2023/may/west-bank-israel-must-stop-demolition-of-palestinian-schools/ besucht am 28.06.2024

[2] United Nations Country Team Occupied Palestinian Territory: Common Country Analysis 2016, S.57 https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/CCA_Report_En.pdf

[3] Global Coalition to Protect Schools from Attack: Education under Attack 2024 https://protectingeducation.org/wp-content/uploads/eua_2024_palestine.pdf besucht am 28.06.2024

Das EAPPI-Netzwerk Deutschland wurde im Jahr 2005 gegründet. Es dient der Vernetzung ehemaliger deutscher Teilnehmer*innen des Programms und der Durchführung gemeinsamer Aktivitäten zum Thema Palästina und Israel in Deutschland. Der EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V. existiert seit 2014, der Verein zeichnet verantwortlich für diese Ausstellung.

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