Konflikte kennen keine Quarantäne

Zur Situation in der Westbank

Geschrieben Anfang Mai 2020

Friederike: Ich bin wütend. Der Konflikt macht auch trotz Pandemie keine Pause. Weiterhin blinkt alle paar Minuten mein Handy auf und berichtet entweder, um wie viel die Zahl der Covid- 19 Infizierten in Gaza, der Westbank und Israel gestiegen ist oder an welchen Orten in den C-Gebieten der Westbank, trotz Corona, weiterhin Häuser zerstört werden, Menschen ihr Obdach verlieren, Materialien im Kampf gegen Corona von den israelischen Behörden konfisziert werden oder Siedler gewaltvoll auftreten[1].

EAs begleiten Schäfer bei ihrem Weidegang im Jordantal; Foto EAPPI

Seit drei Monaten bin ich zurück aus meinem Einsatz im Jordantal. Eigentlich wollte ich meinen letzten Blogartikel Hauszerstörungen und Konfiszierungen in Ras Ein Al Auja Anfang Januar widmen. Es war der gewalttätigste Vorfall, den ich in meinen drei Monaten als EA im Jordantal miterlebt habe.

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„Wir wollen einfach nur unser Land bewirtschaften. Wo liegt das Problem?“

Zerstörungen, Konfiszierung und Landwirtschaftsverbot im Jordantal

Zerstörter Wassertank nahe der Stadt Tubas; Foto © EAPPI
Zerstörter Wassertank nahe der Stadt Tubas; Foto © EAPPI

Als wir Mahyoub an diesem Tag in seinem Haus am Stadtrand von Tubas treffen, erzählt er uns, dass er eigentlich nicht in der Stimmung ist, zu seinen Gewächshäusern zu gehen. Es gibt kein Wasser. Er ist niedergeschlagen. Am Vortag wurden zwei Wasserspeicher nahe Tubas von den israelischen Behörden zerstört. Der eine war nach der letzten Zerstörung im Oktober wieder aufgebaut worden und in Betrieb, der andere war fast fertiggestellt. Bei letzterem handelte sich um ein gemeinsames Projekt der Hilfsorganisation Oxfam und dem Verband der Landwirte vor Ort, finanziert von SIDA, der staatlichen schwedischen Agentur für Internationale Entwicklungszusammenarbeit[1].

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Strukturelle und physische Gewalt im Jordantal

Die Schafe blöken laut und aufgeregt, die Hühner gackern, der Hahn kräht. Es ist heiß, der Kaffee in dem kleinen Becher in meiner Hand ist sehr stark. Heute empfinde ich die Geräusche der Tiere nicht als idyllisch. Es ist laut. Es mutet fast an, als ob die Tiere versuchen würden, ihren Hirten übertönen zu wollen. Heute sind wir im Jordantal unterwegs, um Übergriffe von Siedlern zu dokumentieren, die sich in der letzten Woche ereignet hatten, während wir uns auf unserem Zwischenseminar befanden.

Eine Gruppe Siedler bedrängt Schäfer und Schafe im Jordantal; Foto © EAPPI
Eine Gruppe Siedler bedrängt Schäfer und Schafe im Jordantal; Foto © EAPPI

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Lebensrealitäten zwischen Bergidylle, Siedlungen und Militärtrainings – Von der Standhaftigkeit der Menschen im Jordantal

Es ist heiß, trocken, die Schafe, Ziegen und der Esel mampfen bedächtig trockene Grashalme. Auf den wenigen schattigen Plätzen haben sich die Hütehunde ausgestreckt und faulenzen. Mein Blick schweift in die Ferne. Eine faszinierende Hügellandschaft erstreckt sich vor mir. Weite, Steinwüste, grüne Tupfer hier und dort: Das Jordantal.

Plötzlich beginnen die Schafe wie wild zu blöken und versammeln sich. Ein Zicklein wurde soeben geboren. Der Hirte Fawzi ist verwundert. Er hat es noch nie erlebt, dass sich alle Tiere bei einer Geburt versammeln. Dieses Zicklein scheint etwas Besonderes auszustrahlen.

EAs begleiten einen Schäfer und seine Herde im Jordantal; Foto © EAPPI
EAs begleiten einen Schäfer und seine Herde im Jordantal; Foto © EAPPI

Langsam beruhigen sich die Schafe und Ziegen wieder und wenden sich der Suche nach etwas Essbarem zu. Das Zicklein macht seine ersten Aufsteh- und Gehversuche. Die Szenerie wirkt friedlich- doch die Idylle täuscht: In der Ferne donnern Schiessgeräusche. Wir sind in allen Richtungen von Militärzonen, einer Siedlung sowie zwei Siedlungsaußenposten umgeben.

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Explosiver Alltag – zurückgelassene Munition im Westjordanland

Mehrmals in der Woche begleitet unser Team palästinensische Schafhirten in Mak-hul und Khirbet Samra auf ihrem täglichen Weg durch die Berge. Diese Form der „schützenden Präsenz“ ist notwendig, weil die Schäfer sowohl durch das israelische Militär als auch durch Übergriffe von Siedlern beinahe täglich an ihrer Arbeit gehindert werden.

Für mich ist die Begleitung von Burhan in Mak-Hul und den Brüdern Aiman und Fausi in Khirbet Samra ein besonderes Erlebnis. Wir sind in einer beeindruckenden Berglandschaft unterwegs und um uns herum herrscht eine friedliche Stille, die nur ab und zu von den Glocken der Schafe oder den Schnalzlauten der Schafhirten unterbrochen wird. Doch dann sind in unmittelbarer Nähe plötzlich Schüsse zu hören. Wir laufen weiter und können ein Militärtraining ganz in der Nähe beobachten. Die Soldaten führen Schießübungen durch, die so laut sind, dass wir uns anfangs noch heftig erschrecken. Die Schäfer erklären uns, dass die Übungen hier regelmäßig stattfinden. Wir werden uns an die Geräusche also noch gewöhnen müssen. Wir erfahren von den Schäfern auch, dass nach den Militärtrainings immer wieder explosive Materialien im Gelände zurückgelassen werden.

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„Stärker als die Kugeln in euren Waffen“

Fröhliches Lachen liegt in der Luft, als wir für einen Besuch an der Grundschule im Dorf Ibziq ankommen. Mit neugierigen Blicken empfangen uns die Kinder, von Direktor und Lehrkräften werden wir sehr freundlich begrüßt. Für einen Moment lässt die Fröhlichkeit uns vergessen, dass der Grund unseres Besuchs wenig erfreulich ist. Auf dem Schulgelände fehlt der Anbau, der erst im August 2018 errichtet worden war. Bereits im Oktober wurde er von den israelischen Behörden abgerissen, wie fast immer in solchen Fällen aufgrund der fehlenden Baugenehmigung, die in der Realität nicht zu bekommen ist.

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Die letzten Schäfer des Jordantals

Hayell Mahmoud in seinem Zuhause in Humsa; © EAPPI
Hayell Mahmoud in seinem Zuhause in Humsa; © EAPPI

Bereits am zweiten Tag meines Einsatzes als Ökumenische Begleiterin für das EAPPI-Programm des Weltkirchenrats lerne ich „Tornado“ kennen. Wir haben den Schäfer in der Gemeinde Humsa im Jordantal besucht, wo er seit 45 Jahren lebt. „Tornado“ heißt eigentlich Hayell Mahmoud, aber weil er so lebhaft ist wird er von allen als Wirbelwind bezeichnet. Ich treffe einen unglaublich freundlichen Mann, der unablässig lächelt und lacht. Und das, obwohl seine Lebensumstände und die seiner Familie alles andere als einfach sind.

Hayell Mahmoud ist 73 Jahre alt, hat zwölf Kinder und unzählige Enkelkinder. Seine Familie hat über Jahrzehnte die Auswirkungen der Besatzung auf unterschiedliche Art und Weise selbst erleben müssen. Für seine Familie hat Mahmoud auf seinem Land in Humsa vor über 20 Jahren  ein Haus gebaut und war seit dem wiederkehrenden Hauszerstörungen ausgesetzt.

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Mit Schafen und Ziegen unterwegs

Burhan mit Esel und Hütehund, auf dem Hügel im Hintergrund die Siedlung Chemdat; Foto © EAPPI
Burhan mit Esel und Hütehund, auf dem Hügel im Hintergrund die Siedlung Chemdat; Foto © EAPPI

Während unseres Aufenthaltes im Rahmen des EAPPI – Programms können wir auch Teams in anderen Placements besuchen. So habe ich Mitte Oktober das Team in Jericho besucht. Inzwischen kenne ich mich ein bisschen aus: wo kommt mein Minibus von Tulkarem in Ramallah an und wo fährt der Minibus nach Jericho ab. Die Verständigung funktioniert mit ein paar arabischen Wörtern und Körpersprache.

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Nawal hat es geschafft: Eine Schule für Al Jiftlik

Nach einem Treffen mit Nawal, einer Englischlehrerin in Al Jiftlik (Jordantal)[i], waren wir voller Hoffnung, weshalb ich dieses Interview gerne teilen würde. Diese beeindruckende Frau zeigt, dass ein Festhalten an der Vision von Frieden und einem Ende der Besatzung möglich ist, und sie kann uns allen Hoffnung geben.

Karte © UNOCHA. In unmittelbarer Nähe der Gemeinde Al Jiftlik befindet sich eine große israelische Militärbasis (grau), Trainings- und Schießgelände (grau gepunktet), mehrere israelische Siedlungen (weinrot) und der Checkpoint Hamra (blau).
Karte © UNOCHA. In unmittelbarer Nähe der Gemeinde Al Jiftlik befindet sich eine große israelische Militärbasis (grau), Trainings- und Schießgelände (grau gepunktet), mehrere israelische Siedlungen (weinrot) und der Checkpoint Hamra (blau).

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Begleitung im Jordantal

Mahyoub mit seinen Schafen; ©EAPPI
Mahyoub mit seinen Schafen; ©EAPPI

Obwohl ich erst seit knapp zwei Wochen in Jericho bin, kommt es mir schon viel länger vor. Ich habe das Gefühl, das Jordantal von Jericho im Süden bis Bardala im Norden mit seinen Menschen und deren Geschichten langsam zu kennen. Besonders die Besuche bei Mahyoub sind inzwischen so, als würden wir zu einem alten Freund kommen.

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