„Palästina steh auf“

(Sliman Mansour)

Wenn man in Palästina unterwegs ist, stößt man immer wieder auf die Sperranlage, die Israel und die Westbank voneinander trennt[1]. In Beit Jala, in der Nähe von Betlehem, ist das eine Mauer. Beim Fotografieren der Mauer treffe ich Mohammed (12) und seine Schwester Nadja (16). Die Geschwister führen mich in den Garten der Familie und zeigen mir stolz, was dort alles wächst. Der Garten wird durchschnitten von der Sperrmauer, der beim Bau auch uralte Olivenbäume, die sich seit Generationen im Besitz der Familie befanden, weichen mussten.

Garten der Familie in Beit Jala, im Vordergrund der verwaiste Pferdestall; Foto © EAPPI
Garten der Familie in Beit Jala, im Vordergrund der verwaiste Pferdestall; Foto © EAPPI

Mohammed zeigt mir einen massiven Olivenbaum, der noch immer gefällt unmittelbar neben der Mauer liegt. Im Haus befindet sich ein Haufen bereits zerkleinertes Olivenholz, das von weiteren Bäumen stammt. Mohammed nimmt ein Stück Holz und macht mich auf die feine Maserung aufmerksam. Die Geschwister erzählen, dass die Familie früher ein Pferd besaß, das im Garten weidete. Sie zeigen mir den Pferdestall, neben ihrem Haus. Als die Mauer errichtet wurde, hätten sie auch das Pferd nicht behalten können, es befände sich bei neuen Besitzern auf der anderen Seite der Mauer. Den Geschwistern ist die Empörung deutlich anzumerken.

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Wendepunkte?

Beim Vorbereitungstraining für den Einsatz im Rahmen des EAPPI-Programmes trafen wir Inbal. Die Israelin erzählte uns von der größten Krise in ihrem Leben, die zugleich einen Wendepunkt darstellte: Sie hatte sich als junge Frau zu Beginn ihrer Wehrpflicht in einen gleichaltrigen Soldaten verliebt. Die beiden waren glücklich miteinander. Inbal war bei der Marine eingesetzt, ihr Freund Ariel in einer Bodentruppe in der Westbank. Eines Nachts, erzählt Inbal, erhielt Ariel mit seiner Einheit den Befehl, in einem Dorf in das Haus einer Familie einzudringen, um dieses zu durchsuchen.

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New Profile – für eine entmilitarisierte Gesellschaft

Ruth Hiller, Foto: Albin Hillert/WCC
Ruth Hiller, Foto: Albin Hillert/WCC

Nun ist auch unsere „Halbzeitpause“, das Zwischenseminar in Haifa und Jerusalem, schon wieder einige Tage vorbei. Ein buntes und volles Programm hat diese Woche geprägt und wir hatten nicht nur Gelegenheit, einige Tage etwas anderes zu sehen, sondern vor allem auch, mit verschiedenen israelischen Friedensaktivist*innen und -organisationen ins Gespräch zu kommen. Besonders in Erinnerung ist mir der Vortrag von Ruth Hiller geblieben. Ruth hat die feministische Organisation New Profile mitgegründet, die sich für eine Entmilitarisierung der israelischen Gesellschaft sowie für das Recht auf Verweigerung des Militärdiensts einsetzt[1].

Ruths Vortrag beginnt sehr persönlich: Sie berichtet uns, wie sie in eine tiefe Sinnkrise gestürzt sei, als ihre älteste Tochter zum Militär musste.

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Mit Marschtrommeln gegen Militarismus

Seit 30 Jahren finden die Mahnwachen der „Women in Black“ in Jerusalem statt; © EAPPI
Seit 30 Jahren finden die Mahnwachen der „Women in Black“ in Jerusalem statt; © EAPPI

Jerusalem: für 3 Tage besuche ich die Kollegen und Kolleginnen an diesem Standort. Ich freue mich auf die Abwechslung des städtischen Umfelds und werde nicht enttäuscht. Unter anderem besuchen wir an diesem Freitag die Mahnwache von „Women in Black“, der Frauen in Schwarz. Jeden Freitag treffen sie sich in Westjerusalem  an einer belebten Kreuzung.

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Zwei Katastrophen und ein schöner Abend

Am 15. Mai 2018 waren wir zu unserem lokalen Kontakt Issa Souf nach Haris für einem sehr besonderen Abend eingeladen. Es war ein bedeutungsvolles Ereignis, wie ich es so noch nie zuvor erlebt habe. Palästinenser und Israelis waren zusammengekommen, um gemeinsam zweier Ereignisse zu gedenken: dem 70. Jahrestag der „Nakba“ (im arabischen Sprachgebrauch die „Katastrophe“ – Bezeichnung für die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 PalästinenserInnen während des israelischen Unabhängigkeitskriegs) und der persönlichen Katastrophe von Issa Souf. Am 15. Mai 2001 hatten israelischen Soldaten Issa auf offener Straße in seinem Dorf Haris angeschossen. Er ist seither querschnittsgelähmt.

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Grenzen überwinden – Eric aus Sderot

Mit Eric an der Grenze zu Sderot
Mit Eric an der Grenze zu Sderot

Eric ist auf den ersten Blick ein unscheinbarer freundlicher Mann um die 50, aber er wächst geradezu über sich hinaus, wenn er da an der weiträumig abgesperrten Grenze zwischen Israel und Gaza steht und die Lage erklärt. Vor einiger Zeit sind wir mit unserer EAPPI‐Gruppe nach Sderot gefahren. Wir treffen einen Referenten an, der diese Grenze täglich vor Augen hat. Eric tritt für eine Aufhebung der regelrechten Abriegelung Gazas ein und berichtet von Zeiten unkomplizierter Begegnungen über die damals noch nicht verschlossene Grenze.

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Tent of Nations – „Wir weigern uns, Feinde zu sein“

Daoud Nasser - Tent of Nations
Daoud Nasser – Tent of Nations

Daoud Nasser ist ein eindrucksvoller Mensch: Er scheint gleichzeitig an mehreren Orten sein zu können: wenn Studenten helfen beim Bäume pflanzen und abernten, je nach Jahreszeit. Wenn sie dort praktizierte Müllvermeidung organisieren, als gelte es zu beweisen, dass Palästina ganz viel weniger schädlichen und landschaftszerstörenden Abfall produzieren könnte. Wenn sie anfangen, das Regenwasser in ihrem Zentrum in einem großen unterirdischen Becken aufzufangen, und es dann auf andere Stellen umpumpen, mit Sonnenenergie natürlich, die intensiv genutzt wird. Wenn seine Frau und er wo auch immer gebraucht werden. Sie sind bekannt und geschützt durch ihre Bekanntheit in den neuen Medien und die stete internationale Präsenz.

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Besatzung muss ein Ende haben!

Nomika Zion
Nomika Zion

„Nicht in meinem Namen und nicht für mich seid Ihr in diesen Krieg gezogen. Das Blutbad in Gaza geschieht nicht in meinem Namen und dient nicht meiner Sicherheit. Zerstörte Häuser, zerbomte Schulen, tausende neue Flüchtlinge – nicht in meinem Namen, nicht für meine Sicherheit.“ (Auszug aus War Diary from Sderot, Nomika Zion 2009)

Die Friedensaktivistin Nomika Zion lebt seit vielen Jahren in Migvan bei Sderot, einer Kibbutz-Siedlung in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gazastreifen. Sie gehört zu den Mitbegründer*innen der Gruppe “The Other Voice“. Mit Informationsveranstaltungen und Touren in der Region Sderot, Publikationen und Petitionen wollen sie aufklären über die physischen und psychologischen Auswirkungen der immer wieder aufflammenden Auseinandersetzungen zwischen Israel und Gaza. Über Telefon und Internet halten die Mitglieder den Kontakt zu Mitstreiter*innen im Gazastreifen. Sie wollen der Gewalt und dem Hass eine „andere Stimme“ der Menschlichkeit, der Vernunft und der Hoffnung entgegensetzen.

Nomika Zion selbst wurde weltweit bekannt durch ihr „War diary from Sderot“, das sie während des Gaza-Krieges 2009 als Appell gegen den Krieg verfaßte, und aus dem das oben genannte Zitat stammt. Zusammen mit dem Arzt Dr. Izzeldin Abuelaish aus Gaza, der drei Töchter im Krieg verlor, erhielt sie 2009 den Niarchos-Preis in New York. Im Jahre 2012 verfaßte sie ein weiteres Statement gegen den Krieg, das in der New York Times veröffentlicht und besprochen wurde.[3]

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Besatzung muss ein Ende haben!

Sharon Dolev
Sharon Dolev

„Die Menschheit ist zu fürchterlichen Dingen fähig, aber ebenso zu wunderbaren Taten. Ich habe die Hoffnung, dass die Menschen letztendlich zu den guten und schönen Dingen tendieren. Auch wenn es im Moment nicht so aussieht, hoffe ich, dass sich die Menschen im Heiligen Land für die Hoffnung und das Ende der Besetzung entscheiden, gegen Furcht und Hass. Entgegen der jetzigen Realität.“

Sharon Dolev lebt in der Nähe von Haifa. Seit ihrer Jugend engagiert sie sich als Aktivistin in verschiedenen NGOs, besonders im „Israeli Disarmament Movement“, dessen Mibegründerin und Direktorin sie ist. Die NGO setzt sich unter anderem für die nukleare Abrüstung Israels ein.

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Besatzung muss ein Ende haben!

Ahmed Sayarah, Foto CometME
Ahmed Sayarah, Foto CometME

„Ich engagiere mich bei CometME, weil es mich mit Hoffnung erfüllt, mit dieser einzigartigen Gruppe Menschen zusammenzuarbeiten, denen es ein Anliegen ist, die Grundbedürfnisse von Gemeinden in Palästina zu erfüllen, von denen viele Leute noch nie gehört haben. Manchmal, wenn mich die Situation wieder einmal hoffnungslos stimmt, dann erinnert mich meine Arbeit daran, dass es immer noch eine Chance gibt für einen positiven Wandel in dieser Region. CometME ist für mich wie eine Fenster nach draußen, anders als die traurige Realität hier vor Ort, in den Medien, den Zeitungen. Dieser kleine Ort bringt ein paar Israelis und Palästinenser zusammen, die das gleiche Ziel haben: vernachlässigte, nicht anerkannte und arme palästinensische Gemeinden mit Wasser und Elektrizität zu versorgen. Es ist eine kleine Organisation, aber sie hat eine große Wirkung vor Ort, und es erfüllt mich mit Stolz, an den Projekten von CometME mitzuarbeiten, die Leben verändern.“ (Ahmad Sayareh, Experte für Wasserqualität bei CometME*)

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