Schwarzes Wasser

Was bedeutet die Besatzung für die Menschen, die unter ihr leben müssen? Je länger ich hier bin, desto schwieriger finde ich es, diese Frage zu beantworten. In den letzten Wochen, die ich in Palästina und Israel verbracht habe, konnte ich mit eigenen Augen erleben, wie vielfältig die Auswirkungen der Besatzung sind.

Abgebrochener Olivenbaum, im Hintergrund schwach zu erkennen die Siedlung Amichai © EAPPI
Abgebrochener Olivenbaum, im Hintergrund schwach zu erkennen die Siedlung Amichai © EAPPI

Ein Beispiel dafür ist Abwasser. Letzte Woche waren wir in der Gemeinde Turmus’ayya. An der Ostseite des Dorfes wurde vor ungefähr einem Jahr eine Siedlung errichtet, die sich Amichai nennt. Amichai wurde gebaut, nachdem der auf palästinensischem Privatland errichtete Siedlungsaußenposten Amona im Februar 2017 geräumt worden war. Nun sind vor ca. zwei – drei Monaten die ersten Siedler in Amichai eingezogen. Diese haben bereits Anfang Juni laut unserem lokalen Kontakt eine große Anzahl von Olivenbäumen zerstört[1]. Die Armee sei bei diesem Vorfall ebenfalls anwesend gewesen, habe die Siedler jedoch nicht aufhalten können. Seit Juli fließt, unserem Kontakt zufolge, deren Abwasser nun in das Land der Dorfbewohner. Auch die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete bereits davon[2].

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Zu Besuch auf der Organic Farm in Tulkarem

Fayez Taneeb und seine selbst konstruierte Bewässrungsanlage einem seiner Gewächshäuser (Photo: EAPPI)
Fayez Taneeb und seine selbst konstruierte Bewässrungsanlage einem seiner Gewächshäuser (Photo: EAPPI)

Bereits zum zweiten Mal besuchen mein Team und ich nun Fayez Taneeb and seine Frau Mouna auf ihrer organischen Farm in Tulkarem, die den schönen Namen „Hakoritna-Farm“ (حكورتنا) trägt. Das bedeutet grob übersetzt so viel wie „unser kleiner Garten vor dem Haus“. Wir werden herzlich begrüßt und in einen hinter zwei riesigen Bäumen versteckten Platz im Freien geführt, wo gemütliche Sofas und Matratzen auf uns warten. Die StudentInnen der Kadoorie Universität[1] in Tulkarem, die jedes Jahr für ca. 4 Monate zu Fayez geschickt werden, um ihr theoretisches Wissen mit praktischen Erfahrungen zu unterfüttern, haben diesen Platz zu einer Art „chillout-area“ umgestaltet. Ein wunderschöner Ort voller Stille und Natur, der nur von dem Anblick der Sperranlage gestört wird, die in ca. 20 Meter Entfernung verläuft. Eine graue Betonwand, die sich ins Unendliche zu erheben scheint. Auf dem Kopf der Mauer ist Stacheldraht zu sehen, sowie vereinzelt Videokameras. Kein schöner Anblick.

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Impressionen

Fühle! Kuschle dich auf den wackligen Matratzen unter die weichen Decken. Genieße die Wärme der Sonne, die Frische der Brise, die Festigkeit der Frucht, die Struktur eines Steins.

Höre zu! Erwache mit dem Ruf zum Gebet. Höre den Hahn und den bellenden Hund. Ein Bulldozer? Nein! Das Traumland verweht, ein neuer Tag beginnt. Schlafzimmer, Toilette, Wasser – sicher für einen weiteren Tag. Kinderstimmen wehen über die Straße, Aufklärungsflieger und Drohnen am Himmel.

  • Morgenstimmung in Yatta, südliche Hebronberge
    Morgenstimmung in Yatta, südliche Hebronberge

Schmecke! Frisches warmes Brot getunkt in Olivenöl, süßer Tee. Bitterer schwarzer Kaffee.

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Ein Sommercamp für Qaryut

Karte © B‘Tselem
Karte © B‘Tselem

Qaryut ist ein kleiner Ort mit ca. 2500 Einwohnern. Er liegt auf halbem Weg zwischen Nablus und Ramallah, teilweise in Zone B (geteilte Kontrolle) und teilweise in Zone C (vollständige israelische Kontrolle). Qaryut ist von zahlreichen Siedlungen und deren Außenposten umgeben. Die  Einwohner des Ortes sind häufig Belästigungen und Übergriffen durch Siedler ausgesetzt.

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Ein Nachmittag mit dem Farmer Abu Omar in Shufa

Shufa ist ein kleines Dorf im Norden der Westbank. Abu Omar, unser Kontakt in Shufa, hatte auf unsere Anfrage hin, ob wir ihn besuchen können, sofort zugesagt, und schon am nächsten Tag empfingen er und seine Familie uns in ihrem Zuhause. Abu Omar setzte sich uns gegenüber auf die Couch und legte die Hände auf den Schoß, lächelte uns an. Er strahlte Ruhe aus und ich fühlte mich sofort wohl. Das Bild, wie er so vor uns saß, wird mir allein wegen seiner Ästhetik lange in Erinnerung bleiben.

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Obdachlos innerhalb von 30 Minuten

Das Telefon klingelt, es ist Ghassan, unser Fahrer. Ich höre wie mein Teamkollege rangeht und kann nur ein paar Gesprächsfetzen auffangen: „Demolition…near Duma“. Das war‘s dann auch schon, es scheint keine Zeit für lange Erklärungen zu sein. Wir ziehen unsere EAPPI-Westen an und los geht’s.

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Brennende Bäume

Wir wohnen in einem sehr kleinen Dorf südöstlich von Nablus. In Yanoun leben ungefähr 100 Menschen, deren Haupteinnahmequelle Oliven und die Schafzucht sind. Es ist wirklich unfassbar schön hier. Wenn ich an Geschichten aus der Bibel denke, dann stelle ich mir eine Landschaft wie diese vor. Weite hügelige Felder, bewachsen mit Olivenbäumen, friedlich grasende Schafe. Doch die Idylle trügt.

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Mit Marschtrommeln gegen Militarismus

Seit 30 Jahren finden die Mahnwachen der „Women in Black“ in Jerusalem statt; © EAPPI
Seit 30 Jahren finden die Mahnwachen der „Women in Black“ in Jerusalem statt; © EAPPI

Jerusalem: für 3 Tage besuche ich die Kollegen und Kolleginnen an diesem Standort. Ich freue mich auf die Abwechslung des städtischen Umfelds und werde nicht enttäuscht. Unter anderem besuchen wir an diesem Freitag die Mahnwache von „Women in Black“, der Frauen in Schwarz. Jeden Freitag treffen sie sich in Westjerusalem  an einer belebten Kreuzung.

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Zwei Katastrophen und ein schöner Abend

Am 15. Mai 2018 waren wir zu unserem lokalen Kontakt Issa Souf nach Haris für einem sehr besonderen Abend eingeladen. Es war ein bedeutungsvolles Ereignis, wie ich es so noch nie zuvor erlebt habe. Palästinenser und Israelis waren zusammengekommen, um gemeinsam zweier Ereignisse zu gedenken: dem 70. Jahrestag der „Nakba“ (im arabischen Sprachgebrauch die „Katastrophe“ – Bezeichnung für die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 PalästinenserInnen während des israelischen Unabhängigkeitskriegs) und der persönlichen Katastrophe von Issa Souf. Am 15. Mai 2001 hatten israelischen Soldaten Issa auf offener Straße in seinem Dorf Haris angeschossen. Er ist seither querschnittsgelähmt.

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Wo jede Ernte politisch ist

Arbeit auf dem Feld unterhalb des Außenpostens © EAPPI
Arbeit auf dem Feld unterhalb des Außenpostens © EAPPI

Wenige Tage vor Ramadan erreicht uns der Anruf einer Familie aus der Gegend. Wir sollen bei der Ernte dabei sein an einem Flecken, der uns als „Um Leskwas“ benannt wurde. Das muss klein sein und ziemlich ab vom Schuss, denn diesen Ortsnamen haben wir noch nie gehört und finden ihn auch auf keiner Karte. Und das, obwohl wir uns mittlerweile in „unserem“ Gebiet in den südlichen Hebronhügeln doch ganz gut auskennen.

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