Wendepunkte?

Beim Vorbereitungstraining für den Einsatz im Rahmen des EAPPI-Programmes trafen wir Inbal. Die Israelin erzählte uns von der größten Krise in ihrem Leben, die zugleich einen Wendepunkt darstellte: Sie hatte sich als junge Frau zu Beginn ihrer Wehrpflicht in einen gleichaltrigen Soldaten verliebt. Die beiden waren glücklich miteinander. Inbal war bei der Marine eingesetzt, ihr Freund Ariel in einer Bodentruppe in der Westbank. Eines Nachts, erzählt Inbal, erhielt Ariel mit seiner Einheit den Befehl, in einem Dorf in das Haus einer Familie einzudringen, um dieses zu durchsuchen.

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„Self Demolition“

Als wir den von Mauern umschlossenen Hof der Familie Abu Tayeh im Ost-Jerusalemer Stadtteil Silwan betreten, wundere ich mich über eine ganze Reihe von Türen und Fenstern, die an der Mauer im Hof lehnen – sie scheinen neu und von guter Qualität zu sein, so, als warteten sie darauf, irgendwo eingebaut zu werden.

Die Fenster und Türen wurden allerdings aus- und nicht eingebaut. Ein Anruf unseres Fahrers hatte uns kurz zuvor informiert: “A self-demolition took place in Silwan this morning“. Ein Bekannter der Familie hat um unseren Besuch gebeten. Er übersetzt für uns, als wir drei EAs vom Vater, von der Mutter, dem Schwiegersohn und einigen Kindern im Hof begrüßt werden. Stühle werden herbeigeholt und mitten im Hof um einen alten Herd herum gruppiert.

Der Anblick des in Trümmern liegenden Anbaus des Hauses scheint jedoch zu verbieten, dass man sich erst einmal hinsetzt, um Höflichkeiten auszutauschen.

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„They keep it in their hearts“

Das kleine Dorf Khallet Athaba liegt sehr abgelegen in den Bergen südlich der Stadt Hebron. Die Schule des Ortes besuchen Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis zehn Jahren. Vor einigen Tagen hat die Schule eine Abrissverfügung erhalten.

Vor Ort angekommen finden wir die Schule auf einem kleinen Hügel am Rande des Dorfes. Tatsächlich ist das Gebäude erst im Oktober 2018 fertiggestellt worden – u.a. auch aus EU-Mitteln finanziert. Zuvor waren die Kinder in einem Caravan unterrichtet worden. Im Juli letzten Jahres bekam dieser Caravan eine Abrissverfügung und wurde kurz darauf von der Israelischen Zivilverwaltung, einer Sektion der israelischen Armee zur Administration der besetzten palästinensischen Gebiete, zerstört. Nach der Zerstörung fand der Unterricht unter freiem Himmel statt.

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Inshallah – So Gott will

Gottesdienst in Nablus; © EAPPI
Gottesdienst in Nablus; © EAPPI

Wie jeden Sonntag haben wir auch heute einen Gottesdienst in Nablus besucht. Zum dritten Mal sind wir in der anglikanischen Kirche „Zum guten Hirten“ (Good Shepherd Church) bei  Vater Jamil, der seit Juli 2018 Priester der Kirche ist. Neben der anglikanischen Kirche mit 120 Mitgliedern gibt es noch drei weitere christliche Gemeinden in Nablus – katholisch, griechisch-orthodox und griechisch-katholisch. Zur Good Shepherd Church gehört außerdem die alte „St. Philip Church“ in der Altstadt von Nablus, in der auch ein Kindergarten zu finden ist. Am heutigen Sonntag hatten wir nicht nur das Privileg, mithilfe einer englischen Übersetzung dem bewegenden Gottesdienst folgen zu können. Im Anschluss an die einstündige Messe nahm sich Vater Jamil auch noch die Zeit, mit uns über sein Leben zu sprechen, als Christ, Priester, Mann oder einfach als Mensch, unter der israelischen Besatzung, in einem mehrheitlich muslimischen Land.

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Rückkehr nach Iqrit – Der Traum einer christlichen Gemeinde im Norden Israels

Ganz im Norden von Israel, nur wenige Kilometer entfernt von der Grenze zum Libanon, wandern wir durch die Ruinen des christlichen Dorfs Iqrit. Iqrit wurde 1951 vom israelischen Militär zerstört, nur die Kirche und der Friedhof blieben erhalten. Bis heute wird die Kirche nicht nur als Gebetshaus genutzt, sondern auch als Versammlungsort und Unterkunft für die Nachfahren der palästinensisch-christlichen Gemeinde, die den Ort einst verlassen musste. Diese jungen Menschen planen nun die Rückkehr nach Iqrit.

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„Stärker als die Kugeln in euren Waffen“

Fröhliches Lachen liegt in der Luft, als wir für einen Besuch an der Grundschule im Dorf Ibziq ankommen. Mit neugierigen Blicken empfangen uns die Kinder, von Direktor und Lehrkräften werden wir sehr freundlich begrüßt. Für einen Moment lässt die Fröhlichkeit uns vergessen, dass der Grund unseres Besuchs wenig erfreulich ist. Auf dem Schulgelände fehlt der Anbau, der erst im August 2018 errichtet worden war. Bereits im Oktober wurde er von den israelischen Behörden abgerissen, wie fast immer in solchen Fällen aufgrund der fehlenden Baugenehmigung, die in der Realität nicht zu bekommen ist.

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Target – für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung

Familien beim Drachenfestival in Burin © TRDA
Familien beim Drachenfestival in Burin © TRDA

“Gib einem Menschen einen Fisch, und du ernährst ihn einen Tag, lehre ihn das Fischen, und du ernährst ihn ein Leben lang“. Für Ghassan, Mitbegründer der Organisation Target (Target Association for Rural Development)[1], ist dies ein zentrales Motto in seiner täglichen Arbeit mit den Jugendlichen in seiner Heimat Burin, einem Dorf südlich von Nablus.

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„Der letzte Tag der Besatzung ist der erste Tag des Friedens“

An einem kühlen Novemberabend sitzen wir zusammen mit dem Dorfvorsteher Rashed und seiner Familie um ein knisterndes, wärmendes Feuer. Der obere Teil des kleinen Ortes Yanoun liegt beschaulich in einem Tal nahe Nablus. Olivenhaine, Schafweiden und Felder prägen das hügelige Landschaftsbild, die nächste größere Ortschaft ist 5 Kilometer entfernt. Als es dunkel wird gehen auf dem gegenüberliegenden Hügel die Scheinwerfer an, die für den Rest der Nacht auf Yanoun gerichtet sein werden.

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Die letzten Schäfer des Jordantals

Hayell Mahmoud in seinem Zuhause in Humsa; © EAPPI
Hayell Mahmoud in seinem Zuhause in Humsa; © EAPPI

Bereits am zweiten Tag meines Einsatzes als Ökumenische Begleiterin für das EAPPI-Programm des Weltkirchenrats lerne ich „Tornado“ kennen. Wir haben den Schäfer in der Gemeinde Humsa im Jordantal besucht, wo er seit 45 Jahren lebt. „Tornado“ heißt eigentlich Hayell Mahmoud, aber weil er so lebhaft ist wird er von allen als Wirbelwind bezeichnet. Ich treffe einen unglaublich freundlichen Mann, der unablässig lächelt und lacht. Und das, obwohl seine Lebensumstände und die seiner Familie alles andere als einfach sind.

Hayell Mahmoud ist 73 Jahre alt, hat zwölf Kinder und unzählige Enkelkinder. Seine Familie hat über Jahrzehnte die Auswirkungen der Besatzung auf unterschiedliche Art und Weise selbst erleben müssen. Für seine Familie hat Mahmoud auf seinem Land in Humsa vor über 20 Jahren  ein Haus gebaut und war seit dem wiederkehrenden Hauszerstörungen ausgesetzt.

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Keine leichte Ernte

Frisch geerntete Oliven in Yanoun; © EAPPI
Frisch geerntete Oliven in Yanoun; © EAPPI

Die letzten Wochen waren an vielen Orten in unserer Umgebung von der Olivenernte geprägt. Schon in meinen ersten Tagen hier sind mir bei unseren Fahrten in der Gegend die zahlreichen Olivenbäume aufgefallen, die für viele palästinensische Familien eine besondere Bedeutung haben und eine wichtige Einkommensquelle darstellen. Laut einem aktuellen Bericht von UNOCHA-OPT[1] werden etwa 10 Millionen Olivenbäume in Palästina bewirtschaftet. Leider ist die Zeit der Olivenernte auch eine Zeit, in der die Auswirkungen der Besatzung besonders sichtbar werden, zum Beispiel in Form von Zugangsbeschränkungen oder gewaltsamen Übergriffen. Auch in diesem Jahr ist die Ernte für die Menschen hier nicht immer leicht.

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