Gemeinsames Gedenken – Die israelisch-palästinensische Joint Nakba Remembrance Ceremony

Nach dem Joint Memorial Service am 3.5. (für die Opfer von Gewalt auf beiden Seiten, siehe auch Bericht von EAs hier) lud die israelisch-palästinensische Gruppe Combatants for Peace ein, um eines weiteren Aspekts der gemeinsamen Geschichte zu gedenken: Der palästinensischen Nakba. Die dritte „Joint Nakba Remembrance Ceremony“ fand am 15. Mai 2022 in einem Festsaal außerhalb von Beit Sahour statt und wurde live auf Facebook und YouTube übertragen.

Das arabische Wort Nakba[1] – Katastrophe – bezeichnet die Flucht und Vertreibung von etwa 700.000 palästinensischen Menschen aus der Gegend des früheren britischen Mandatsgebiets Palästina im Zeitraum zwischen dem Beschluss der UN zur Teilung Palästinas (UN-Teilungsplan November 1947) und dem Waffenstillstand von 1949 nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg, der in Folge des Einmarschs arabischer Armeen nach der Staatsgründung Israels am 14. Mai 1948 begann.

Das Erinnern an und das Sprechen über die Nakba sind für das kollektive palästinensische Gedächtnis von großer Bedeutung. In Israel haben wir Zeugen dieser Ereignisse gesehen, die Überbleibsel palästinensischer Dörfer: Steinmäuerchen, Olivenbäume, Kaktushecken. In Israel selbst ist die Aufarbeitung der Nakba ein schwieriges Thema. 2011 etwa wurde ein Gesetz verabschiedet, wonach öffentlich finanzierten Einrichtungen Gelder gestrichen werden können, wenn sie „den israelischen Unabhängigkeitstag oder den Tag, an dem der Staat gegründet wurde, als Tag der Trauer begehen.“[2]

„Wir müssen über die Nakba sprechen – nicht nur auf Arabisch, sondern auch auf Hebräisch“ sagt der israelische Moderator in seiner Begrüßung.

Aufführung eines Tanzes im Rahmen der Joint Nakba Remembrance Ceremony; Foto © WCC-EAPPI

Palästinensische, israelische und internationale Teilnehmende hören Texte und sehen Videofilme, es gibt eine Fotoausstellung. Palästinensische Zeitzeugen erinnerten eindrücklich an die Erlebnisse von Flucht und Vertreibung. Der Augenzeugenbericht eines israelischen Soldaten wird verlesen. Der palästinensische Professor und Friedensaktivist Muhammed Dajani appelliert an die Anwesenden: „Wir müssen unseren Kindern etwas anderes beibringen, als wir von unseren Großeltern gelernt haben, denn wir sind mit Gedanken der Ablehnung, Aufrufen zur Abtrünnigkeit großgeworden, haben nein gesagt ohne nachzudenken, die „anderen“ gehasst, einander verleugnet.“[3] Der frühere Sprecher des israelischen Parlaments – der Knesset – , Avraham Burg, spricht über Holocaust und Nakba, und wie aus seiner Sicht die Wunden der Vergangenheit nicht allein stehen können, sondern stattdessen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichzeitig betrachtet werden sollten, um gemeinsam Wege zu finden, heutige Konflikte zu überwinden. Eine Sängerin und eine Tanztruppe stellen schließlich die Erinnerungen an die Nakba auf ihre Weise beeindruckend dar.

Ziel sei es, so die Organisator:innen in ihrer Ankündigung, mit Veranstaltungen wie dieser einen Raum zu schaffen, um gemeinsam, auf Arabisch und Hebräisch, über die Nakba zu sprechen. Es sei wichtig, der Vergangenheit mit Mut und Empathie zu begegnen, um eine Zukunft der Versöhnung, der Freiheit und der Würde für beide Seiten zu ermöglichen.

Inzwischen kann die Aufnahme auf der Webseite der American Friends of Combatants for Peace nachgeschaut werden: https://afcfp.org/nakba/.

EA Elisabeth und EA Kerstin

 Wir nehmen für das Berliner Missionswerk bzw. pax christi – Deutsche Sektion am Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) des Ökumenischen Rates der Kirchen teil. Diese Stellungnahme gibt nur unsere persönlichen Ansichten wieder, die nicht unbedingt die des Berliner Missionswerks, von pax christi – Deutsche Sektion oder des Ökumenischen Rates der Kirchen sind.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Nakba

[2] https://www.adalah.org/en/law/view/496 Original: “… commemorates Israel’s Independence Day or the day on which the state was established as a day of mourning.”

[3] Rede im Original auf Arabisch, Übersetzung auf Grundlage des englischen Untertitels des Videomitschnitts: „We should teach our children other than what we learned from our grandparents, for we had been raised on thoughts of dismissal, calls of apostasy, saying no without thinking, hating the other, and denying each other.”

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