Die derzeitige Situation im palästinensisch-israelischen Konflikt trägt auch dazu bei, dass zivile Menschenrechtsorganisationen zusammenrücken und gemeinsame Aktivitäten durchführen. Am 14.02.2025, in der Woche, in der auch das jüdische Baumpflanzfest Tu B´Shwat gefeiert wurde, nahm ich mit 6 weiteren Ökumenischen Begleitpersonen und anderen Aktiven sowie Vertretern und Vertreterinnen verschiedener Organisationen an einer Baumpflanzaktion teil.

Die Organisation Rabbis for Human Rights (Rabbiner und Rabbinerinnen für Menschenrechte/RHR[1]) vereint Reformierte, Orthodoxe, Konservative und andere jüdische Richtungen und handelt auf der Grundlage der jüdischen Werte wie Gerechtigkeit, Würde und Gleichheit mit dem Wissen, dass jeder Mensch im Ebenbild Gottes geschaffen wurde und das Recht auf Würde und Respekt hat. Nach dieser Ethik werden sowohl die Bildungsangebote, die Öffentlichkeitsarbeit als auch die verschiedenen Aktionen geplant.
Zwischen Januar und März werden z.B. wöchentliche Baumpflanzungen in palästinensischen Dörfern durchgeführt, dies geschieht natürlich auf den ausdrücklichen Wunsch der Dorfgemeinschaften. RHR stellt Bäume und Gerätschaften sowie den Transport der Freiwilligen, die das Pflanzen gemeinschaftlich durchführen. Insgesamt hatten sich für die Aktion am 14.2. ca. 150 Teilnehmende angemeldet, es wurde ein Bus in Haifa, einer in Tel Aviv und einer in Jerusalem gestartet.
Eigentlich sollte das Baumpflanzen im Dorf Wadi Al Rakim in der Nähe von Hebron stattfinden, dort hatte RHR bereits im Januar diesen Jahres Bäume gepflanzt – laut der Information von RHR kamen allerdings israelische Siedler wenige Stunden nach der Pflanzung in das Dorf und rissen alle Bäume wieder heraus. Jetzt sollte auf Wunsch und Einladung des Dorfes die Aktion dort wiederholt werden. Leider bekam das Dorf zwei Tage vor der geplanten Aktion sehr unangenehmen und gewalttätigen Besuch von radikalen Siedlern, so dass aus Sicherheitsgründen kurzfristig umgeplant wurde und ein anderes Dorf in der Nähe angesteuert wurde.
Die Fahrt unseres Jerusalemer Busses begann sehr gut und äußerst interessant, die Freiwilligen waren sehr gemischt, durch intensive Gespräche untereinander kam man auch über die vielen verschiedenen individuellen Hintergründe ins Gespräch, zum Beispiel mit vielen orthodoxen Juden und Jüdinnen, die mit der Okkupation nicht einverstanden sind und versuchen, etwas dagegen zu tun, aber in ihrer Umgebung meist auf völliges Unverständnis bis hin zu gewalttätigen Reaktionen stoßen.
Verantwortliche von RHR und Peace Now (einer großen und bekannten israelischen Friedensbewegung, die 1978 gegründet wurde[2]) erklärten und zeigten auf der Fahrt in die südlichen Hebron Hills vieles über die überall sichtbaren, rasch weiterwachsenden illegalen Siedlungen und Siedlungsaußenposten (die teils sogar inzwischen nach israelischem Recht legalisiert wurden oder im Prozess dorthin sind) und die ausschließlich für die israelischen Siedler und Siedlerinnen bestehenden und weitergebauten Straßen und weitere Infrastruktur.
Der Bus aus Tel Aviv kam gut in das Dorf, der Bus aus Haifa wurde auf der Fahrt von israelischen Sicherheitskräften gestoppt und musste aufgrund von offiziellen Verfügungen und Anweisungen unverrichteter Dinge umkehren.

Unser Bus wurde an einem extra für uns aufgebauten „flying checkpoint“[3] angehalten und aufgefordert, nach Jerusalem zurückzukehren. Nach einigen Diskussionen wurden wir mit einer größeren Polizeieskorte zum nächstgelegene Checkpoint Tarqumiya begleitet, schwer bewaffnete Soldaten und Soldatinnen kamen in den Bus, in einem extra Gebäude wurden die Personalien, Unterlagen und teils auch Handys einiger Teilnehmender sowie des Fahrers geprüft.
Nach mehr als eineinhalb Stunden durften wir weiterfahren. Da die Polizeieskorte nicht mehr da war, wurde beschlossen, nachzusehen, ob der „flying checkpoint“ inzwischen vielleicht auch aufgehoben wurde und wir doch noch die Gelegenheit hätten, die Pflanzaktion zu unterstützen oder zumindest Solidarität zu zeigen. Dies war der Fall. Im Dorf angekommen (mit inzwischen 2,5 h Verspätung) hatte die Gruppe aus Tel Aviv alle Olivenbäume bereits an verschiedenen Plätzen im Ort eingepflanzt.

Es gab ein gutes Treffen Aller auf dem Sportplatz des Dorfes, mit verschiedenen Reden und Solidaritätsbekundungen von RHR, Peace Now und Einwohnern des Dorfes, dem gemeinsam gesungenen Lied „We shall overcome“ sowie einer Dorfführung. Die Dorfbewohner hatten bis vor 10 Jahren in Höhlen gewohnt, aufgrund der Baufälligkeit der Höhlen wurden in den letzten Jahren Häuser und Hütten gebaut, für die es zur Zeit 24 Abrissverfügungen gibt; es wurde Elektrizität gelegt, allerdings wurden diese Kabel dann durch extremistische Siedler aus der Nachbarschaft zerstört. Inzwischen gibt es im Dorf einige Solarpanels, für die allerdings ebenfalls eine Abrissverfügung durch die israelischen Behörden ausgestellt wurde.

Bereits kurz vor der Abfahrt war klar, dass einige israelische Polizei- und Militärfahrzeuge an der Straße auf uns warten würden. So war es, die beiden Busse wurden mit mächtiger Polizeieskorte zum nächsten Checkpoint nach Meitar gefahren. Dort kamen wiederum schwerbewaffnete Soldaten und Soldatinnen in den Bus, diesmal mussten alle Nicht-Israelis aussteigen und die Pässe und Visa wurden geprüft. Nach einiger Zeit durfte der Bus aus Tel Aviv zurück nach Tel Aviv fahren, bei uns aus Jerusalem wurden allerdings der Fahrer (inkl. Bus) sowie Frau Hagit Ofran von Peace Now vorläufig festgesetzt und zum Verhör zur Polizeistation nahe Hebron gebracht (am Abend allerdings glücklicherweise wieder freigelassen).
Für uns als weitere Teilnehmende hieß es dann noch einige Stunden am Checkpoint zu warten, bis ein Ersatzbus kam bzw. vorher schon einige Ersatztaxis für diejenigen, die bei Beginn des Shabbats zu Hause sein wollten oder mussten. Wir entschieden uns auch für einen längeren Weg zurück, auf dem wir keine weiteren Checkpoints mehr passieren mussten.

Fazit aus meiner Sicht: Wenn schon das Pflanzen von Bäumen als so bedrohlich empfunden wird, dass solch ein großer Aufwand mit Polizeikontrollen, Einsatz von Militär etc. betrieben wird, spricht das für sich selbst.
Einige israelische Teilnehmende haben so an diesem Tag ihren Staat auf eine sehr andere Art und Weise kennengelernt. Andererseits war es ein gutes Erlebnis, mit sehr unterschiedlichen Menschen zusammen zu kommen, sich auszutauschen und Solidarität zu erleben.
Sabine, Februar 2025
Ich nehme für das Berliner Missionswerk am Ökumenischen Begleitprogramm in Palästina und Israel (EAPPI) des Ökumenischen Rates der Kirchen teil. Dieser Bericht gibt nur meine persönlichen Ansichten wieder, die nicht unbedingt die des Berliner Missionswerkes oder des Ökumenischen Rates der Kirchen sind.
[3] Ein „flying checkpoint“ besteht aus einem oder mehreren auf der Straße geparkten Fahrzeugen von Armee oder Polizei, die spontan errichtet und ebenso schnell verlegt oder aufgelöst werden können.