Checkpoints entlang der Trennbarriere – Teil 2

Ein ganz normaler Morgen am Checkpoint At Tayba

Wer zuerst kommt hat die besten Chancen auf Arbeit
Wer zuerst kommt hat die besten Chancen auf Arbeit *

Um 2:20 h aufstehen um zu frühstücken.
Um 2:50 h gehst du zum Taxi und fährst mit drei anderen Männern zum Checkpoint, den du um 3:20 h erreichst.
Morgengebet am Checkpoint.
Du reihst dich ein in eine der drei Schlangen am Checkpoint, setzt dich neben andere Arbeiter auf den Boden oder auf einen der mitgebrachten Eimer, denn du bist todmüde.

Auch die Essensstände öffnen jeden Morgen kurz nach 3
Auch die Essensstände öffnen jeden Morgen kurz nach 3

Die Drehkreuze öffnen um 3:45 h und du reihst dich in die nächste Schlange ein.
Du ziehst deinen Gürtel aus der Hose und legst alle losen Gegenstände auf das Förderband der Röntgenmaschine.
Dann passierst du den Körper-Scanner.
Am nächsten bemannten Kontrollpunkt zeigst du deinen Ausweis, die Arbeitserlaubnis und legst deine Hand auf den Fingerabdruckscanner.
Jetzt begutachten sie dich und entscheiden, ob sie dich passieren lassen.
Hoffentlich ja, vielleicht aber auch nicht!

Hast du alles richtig gemacht und nichts vergessen?
Ist deine Erlaubnis noch gültig?
Benötigt dich dein Arbeitgeber heute überhaupt noch?
Vermutlich nicht, wenn du zu viele Fragen gestellt bekommst und sich deine Kontrolle verzögert!
Vielleicht braucht er heute auch einfach weniger Arbeiter!
Oder er hat vergessen, dich rechtzeitig bei den Behörden als seinen Arbeiter zu melden.

Morgengebet neben der Warteschlange
Morgengebet neben der Warteschlange

Du hast aber schon für deine Arbeitserlaubnis bezahlt und dann wäre das Geld verloren!
Hast du es bisher geschafft nicht auf die Schwarze Liste zu kommen?
Du hast dich von allen Protestveranstaltungen und Demonstrationen ferngehalten, deine gesamte Familie versucht, nicht negativ aufzufallen.
Dein Sohn vermeidet jeglichen Ärger.

Funktioniert der Scanner, der deine Erlaubnis liest, ordnungsgemäß?
Hast du irgendeinen zweifelhaften Gegenstand dabei oder zu viel Vesper?
Sind deine Kleider vielleicht zu sauber und lassen bezweifeln, dass du zur Arbeit gehst?
Ist deine Erlaubnis gültig für diesen Checkpoint, oder vielleicht für einen anderen?
Sind deine Hände unverletzt, so dass der Scanner deine Fingerabdrücke erkennen kann?
Was könnte sonst noch schieflaufen?

Die letzten Arbeiter*innen gehen gegen 6:30 Uhr durch den Checkpoint
Die letzten Arbeiter*innen gehen gegen 6:30 Uhr durch den Checkpoint

Vielleicht hat der Wachmann hinter der Glasscheibe einfach nur einen schlechten Tag und zieht die Befragung unnötig in die Länge?
Dann ist der Bus, der dich an deinen Arbeitsplatz bringt, möglicherweise schon abgefahren…

 

 

At Tayba / Ephraim Checkpoint ist einer der Kontrollpunkte für Palästinenser*innen mit Arbeitserlaubnis für Israel. Er wird von einer privaten israelischen Sicherheitsfirma geführt und ist bekannt für die Belastungen, denen die Arbeiter*innen beim Passieren ausgesetzt sind. Eine grobe Behandlung und Überfüllung sind Alltag an diesem Checkpoint, den jeden Morgen etwa 12.000 Menschen passieren. Im Jahr 2014 wurden zwei Männer im Checkpoint zu Tode gedrückt.
Da es nur einem Bruchteil der palästinensischen Arbeiter*innen erlaubt ist, in Israel zu übernachten, müssen die meisten den Weg durch den Checkpoint 5-6 Mal in der Woche gehen. Die Arbeitserlaubnis gilt in der Regel 3-6 Monate und muss dann bei den israelischen Behörden verlängert werden. Das Schema von Ablehnung und Erteilung einer Erlaubnis ist für viele Arbeiter*innen undurchsichtig, was zu erhöhtem Stress und einem Gefühl von ständiger Ungewissheit führt.

* die auf den Bildern angegebenen Uhrzeiten entsprechen deutscher Zeit

Iris, Tulkarm im Juli 2016

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