Die Sperranlage

Begleitende Sachinformationen zur Ausstellung „Begegnungen in Palästina und Israel“ – Stand Juli 2021

Baubeginn der Sperranlage war 2002, als auf dem Höhepunkt der Zweiten Intifada regelmäßig Attentate von palästinensischen Gruppen in Israel verübt wurden. Gegenwärtig sind etwa 65 % der Barriere fertiggestellt[1], teilweise als 8 m hohe Mauer, teilweise als elektronisch gesicherter doppelter Metallzaun mit einem bis zu 70 m breiten Sicherheitsstreifen. Auf 85 % ihrer Länge weicht die Sperranlage in die Westbank hinein von der sogenannten „Grünen Linie“ (Waffenstillstandslinie von 1949) ab[2], die international anerkannt ist als Grundlage einer zukünftigen Grenze zwischen Israel und einem palästinensischen Staat, mitunter bis zu 20 km.

Israelis und ausländische Besucher*innen dürfen die Sperranlage passieren. Palästinenser*innen müssen einen Passierschein beantragen, z.B. um in Israel zu arbeiten, zur medizinischen Behandlung, zum Gottesdienstbesuch oder dem Besuch inhaftierter Angehöriger. Anträge werden häufig abgelehnt[3]. Eine Erlaubnis wird nur nach intensiver Sicherheitsprüfung gewährt und ist in den meisten Fällen strikt auf den Tagesaufenthalt begrenzt. Die Kontrollen an den Checkpoints sind nicht selten mit stundenlangem Warten und demütigenden Schikanen verbunden.

Dort, wo die Sperranlage auf palästinensischem Gebiet verläuft, entsteht zwischen Grenze und Sperranlage eine Randzone (Seam-Zone), innerhalb der dutzende Dörfer und tausende Hektar Land abgeriegelt sind[4]. Es ist ein besonders wasser- und ressourcenreicher Landesteil, wichtig für den Gemüse- und Obstanbau. Für viele tausend palästinensische Einwohner*innen dieser Zone ist die Versorgung, der Zugang zur Arbeitsstelle, zu den Verwandten, zu Schulen, Universitäten und Kultureinrichtungen erschwert. Darüber hinaus besitzen Bauern und Bäuerinnen aus etwa 150 Dörfern nahe der Sperranlage Felder innerhalb der Seam-Zone, zu denen ihnen der freie Zugang verwehrt ist[5]. Nur mit Passierscheinen können sie stundenweise durch einen der Landwirtschaftscheckpoints, die größtenteils nur saisonal betrieben werden, zu ihren Äckern, Olivenhainen oder Plantagen gelangen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erstellte auf Antrag der UNO 2004 ein Rechtsgutachten[6]. Darin wurde festgestellt: Der Verlauf der Sperranlage verstößt gegen internationales Recht. Israel kann dafür nicht das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch nehmen. Der Bau nimmt einseitig territoriale Veränderungen vor, stellt faktisch eine Annexion von Land dar und verletzt grundlegende Rechte der palästinensischen Bevölkerung. Das Gericht erklärte, dass die Sperranlage dort, wo sie auf dem Gebiet der Westbank, bzw. in Ost-Jerusalem verläuft, abgebaut und die vom Bau Betroffenen entschädigt werden sollten. Israel hat die Gültigkeit des Gutachtens nicht anerkannt.

[1] https://www.un.org/unispal/in-facts-and-figures/ besucht am 15.07.2021

[2] https://www.btselem.org/separation_barrier besucht am 15.07.2021

[3] https://www.972mag.com/israel-permit-regime-palestinians-segregation/ besucht am 17.12.2020

[4] https://www.ochaopt.org/content/16-years-after-international-court-justice-advisory-opinion-some-11000-palestinians-are besucht am 17.12.2020

[5] https://www.ochaopt.org/sites/default/files/ocha_opt_barrier_factsheet_july_2013_english.pdf besucht am 17.12.2020

[6] https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/131/131-20040709-ADV-01-00-EN.pdf besucht am 17.12.2020