Ausstellung „Begegnungen in Palästina und Israel“

Eine Ausstellung des EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V.

25. Februar – 10. März: Burgdorf bei Hannover
Veranstalter ist der Arbeitskreis Gedenkweg 9. November
Ausstellungsort: St. Paulus-Kirchenzentrum, Berliner Ring 7, in Burgdorf


Unsere Ausstellung „Begegnungen in Palästina und Israel“ lässt Palästinenser:innen und Israelis zu Wort kommen, die wir im Rahmen unserer Einsatzes getroffen haben. Die Lebensumstände der Portraitierten haben wir dabei vor allem vor dem Hintergrund von Konflikt und Besatzung kennengelernt, sei es, weil sie als Betroffene von Gewalt oder Einschränkungen unsere Begleitung erbeten hatten, sei es, weil wir sie als Engagierte für einen gerechten Frieden erlebt haben. Die Ausstellung begleitende Sachinformationen zum Kontext der Besatzung finden Sie nachfolgend verlinkt.

Ausleihe der Ausstellung

Haben auch Sie Interesse, die Ausstellung zu leihen? Dann wenden Sie sich gern an kontakt@eappi-netzwerk.de. Die Ausstellung besteht aus 18 Portraittafeln, 2 Informationstafel und 2 Gedichttafeln. Sie kann in zwei Größen ausgeliehen werden:

Set 1: Hartschaumplatten mit Aufhängung 93×93 cm
Set 2: Poster mit Posterschienen 60×60 cm

Der Versand erfolgt je nach Größe per Spedition bzw. Paketpost. Für den Verleih der Ausstellung bitten wir um eine Spende.

Hier finden Sie praktische Informationen zur Ausleihe der Ausstellung >>

Ausstellung "Begegnungen in Palästina und Israel"
Ausstellungstafel „Begegnungen in Palästina und Israel“

Sachinformationen zur Ausstellung

Das Ecumenical Accompaniment Programme in Palestine and Israel (Ökumenisches Begleitprogramm in Palästina und Israel) ist eine Initiative des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) und die Antwort auf einen Hilferuf der Kirchenoberhäupter Jerusalems im Jahr 2001.

Der Auftrag von EAPPI ist es, Palästinenser*innen und Israelis in ihrem Alltag unter Besatzung, bzw. bei ihrem Engagement für Gerechtigkeit und Frieden zu begleiten. Die Teilnehmer*innen des Programms beobachten während ihres dreimonatigen Einsatzes die Lage vor Ort und melden Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht an UN-Organisationen sowie lokale und internationale Partnerorganisationen. Sie dokumentieren Aktionen gewaltlosen Widerstands an der Seite lokaler christlicher und muslimischer Palästinenser*innen und israelischer Friedensaktivist*innen,
gewähren Schutz durch ihre Anwesenheit, setzen sich für politische Veränderungen ein und üben ganz grundsätzlich Solidarität mit den Kirchen und allen, die sich gewaltfrei für ein Ende der Besatzung engagieren. Alle Aktivitäten des Programms stützen sich auf das Völkerrecht und die einschlägigen UN-Resolutionen.

Institutionen und Gruppen aus über 20 Ländern entsenden Teilnehmende in den Einsatz mit EAPPI. In Deutschland wird das Programm von einem Koordinierungskreis verschiedener kirchlicher Werke getragen. Das Netzwerk ehemaliger deutscher EAPPI Teilnehmender wurde im Jahr 2005 gegründet. Es dient dem Austausch und der Durchführung gemeinsamer Aktionen zum Thema Palästina und Israel in Deutschland. Mittlerweile waren über 125 Deutsche, manche von ihnen mehrmalig, mit EAPPI im Einsatz. Jedes Jahr kommen bis zu zehn neue „Ecumenical Accompaniers – Ökumenische Begleiter*innen“
hinzu.

2014 wurde zur Unterstützung der Arbeit des Netzwerks der Verein „EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V.“ gegründet, der verantwortlich für diese
Ausstellung zeichnet.

Die Zivilgesellschaft in Israel und Palästina bildet einen wichtigen Gegenpol zu einer Politik der Konfrontation. Denn auf beiden Seiten setzen sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) für Aufklärung und Verständigung ein. Mit ihrem Wissen über und ihrem Einsatz gegen Folgen der Besatzung sind sie auch wichtige Informationsquellen und Partner der Ökumenischen Begleiter*Innen.

Partnerschaften mit palästinensischen NGOs sind bei vielen Themen hilfreich. Etwa, wenn es um Rechtsbeistand bei Hauszerstörungen geht (JLAC – Jerusalem Legal Aid Center), um lokale Selbstorganisation in Ost-Jerusalem (Wadi Hilweh Information Center), in Nahalin bei Bethlehem (Tent of Nations) oder in Hebron (YAS – Youth against Settlements).

International bekannter als diese palästinensischen sind viele israelische NGOs. Sie widmen sich Themen wie Übergriffen der israelischen Armee in den besetzten Gebieten (Breaking the Silence) oder beobachten die Zustände an Checkpoints innerhalb der Westbank und an Übergängen nach Israel (Machsom Watch). Sie üben Solidarität im Dienste der Verständigung (Rabbis for Human Rights), treten bei Mahnwachen für ein Ende der Besatzung (Women in Black) ein oder engagieren sich für Rechtssicherheit (Yesh Din – deutsch: „Es gibt Recht“).

In einer ganzen Reihe von Organisationen engagieren sich Palästinenser*innen und Israelis auch gemeinsam, etwa wenn es um Menschenrechtsverletzungen (B’Tselem) geht, um die Militärgerichtsbarkeit in den besetzten Gebieten (Military Court Watch), die gemeinsame Friedensarbeit ehemaliger Kämpfer*innen beider Seiten (Combatants for Peace) oder um Verständnis für den Schmerz und die Trauer der anderen Seite, etwa das Leiden unter dem Verlust von Verwandten der anderen durch Gewalt der eigenen Seite (Parents Circle Families Forum).

Diese NGOs werden großenteils auch international gefördert, von privaten Stiftungen, von staatlichen und supranationalen Institutionen. Sie sind deshalb allerdings auch gefährdet. Denn seit Jahren gibt es vor Ort Diskussionen über Hürden für ausländische Finanzierung. Solche Debatten werden schon seit längerem von israelischen Politiker*innen geführt, 2016 wurde vom israelischen Parlament das sogenannte NGO Law verabschiedet[1]. Inzwischen steigt auch der Druck auf palästinensische NGOs, die sich kritisch mit der Politik der Palästinensischen Autonomiebehörde in der Westbank bzw. den Hamas-Institutionen in Gaza auseinandersetzen[2].

In der Defensive sind ohnedies all jene Organisationen, die in Zeiten zunehmender Abschottung für das Verständnis der jeweils anderen Seite eintreten.

[1] https://law.acri.org.il/en/2016/07/11/update-ngo-law-passed/ besucht 15.07.2021

[2] https://www.alhaq.org/advocacy/17477.html besucht am 15.07.2021

Angehörige christlicher Konfessionen bilden in Israel und Palästina eine Minderheit: In Israel leben etwa 177.000 Christ*innen[1] (ca. 2 % der Bevölkerung), in den palästinensischen Gebieten etwa 50.000[2] (ca. 1 %). In der Westbank lebt der Großteil von ihnen in Bethlehem sowie in Nablus und Ramallah.

Folgende Konfessionen sind in Israel und Palästina vertreten:

– Orientalisch-orthodoxe (altorientalische) Kirchen (koptische, syrisch-orthodoxe, äthiopisch-orthodoxe, armenische Kirche)

– Orthodoxe Kirchen (griechisch-, russisch-, rumänisch-orthodoxe)

– Römisch-katholische Kirchen und mit Rom unierte Kirchen

– Protestantische Kirchen (anglikanische, presbyterianische, lutherische, Freikirchen)

Mit Blick auf die historischen Steine an den heiligen Stätten bezeichnen sich die einheimischen Christ*innen selbst als die „lebendigen Steine“[3], als eine Präsenz, deren Ursprung auf die Gründung der Urgemeinde zurückgeht.

In Israel sind Christ*innen formal gleichberechtigt. Faktisch erfahren sie, als Teil der arabischen Minderheit, z.B. in Bezug auf Bildung, Beruf oder Grundeigentum, Benachteiligungen[4].

Die Gesetzgebung der Palästinensischen Autonomiebehörde garantiert den Christinnen und Christen innerhalb der islamisch geprägten Gesellschaft Gleichberechtigung. Im politischen und kulturellen Leben sind sie im Verhältnis zu ihrer Zahl zum Teil überrepräsentiert. Mitunter führt religiöser Rigorismus jedoch zu Spannungen zwischen Muslimen und Christ*innen.

Christ*innen leiden unter dem Zustand der Besatzung genauso wie ihre muslimischen Landsleute. Viele verfügen über einen hohen Bildungsstand und sind international gut vernetzt. Das hat zur Folge, dass immer mehr Menschen auswandern, um der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Situation zu entkommen[5]. Wird der aktuelle Auswanderungstrend nicht gestoppt, ist es möglich, dass es in absehbarer Zeit kaum noch einheimische Christ*innen im Heiligen Land gibt. Kirchen rufen zum Bleiben auf, zum Ausharren als eine Form des Widerstandes.

Einheimische Christ*innen in Palästina vermissen oft die Solidarität der christlichen Pilger*innen, die das Heilige Land bereisen. Viele Pilgergruppen besuchen die historischen christlichen Stätten und feiern in der Regel ihre eigenen Gottesdienste. Die Situation ihrer Glaubensbrüder und -schwestern wird jedoch vielfach nicht wahrgenommen. Pilger*innen könnten ihrer Solidarität dadurch Ausdruck verleihen, dass sie die arabischsprachigen Gottesdienste der lokalen Gemeinden besuchen.

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Christianity_in_Israel besucht am 12.02.2021

[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Palestinian_Christians besucht am 12.02.2021

[3] https://holylandpilgrimages.org/why-are-holy-land-christians-called-living-stones/ besucht am 12.02.2021

[4] https://www.english.acri.org.il/arab-minority-rights besucht am 12.02.2021

[5] https://www.kas.de/en/web/palaestinensische-gebiete/veranstaltungsberichte/detail/-/content/warum-verlassen-palaestinensische-christen-ihr-land- besucht am 12.02.2021

Baubeginn der Sperranlage war 2002, als auf dem Höhepunkt der Zweiten Intifada regelmäßig Attentate von palästinensischen Gruppen in Israel verübt wurden. Gegenwärtig sind etwa 65 % der Barriere fertiggestellt[1], teilweise als 8 m hohe Mauer, teilweise als elektronisch gesicherter doppelter Metallzaun mit einem bis zu 70 m breiten Sicherheitsstreifen. Auf 85 % ihrer Länge weicht die Sperranlage in die Westbank hinein von der sogenannten „Grünen Linie“ (Waffenstillstandslinie von 1949) ab[2], die international anerkannt ist als Grundlage einer zukünftigen Grenze zwischen Israel und einem palästinensischen Staat, mitunter bis zu 20 km.

Israelis und ausländische Besucher*innen dürfen die Sperranlage passieren. Palästinenser*innen müssen einen Passierschein beantragen, z.B. um in Israel zu arbeiten, zur medizinischen Behandlung, zum Gottesdienstbesuch oder dem Besuch inhaftierter Angehöriger. Anträge werden häufig abgelehnt[3]. Eine Erlaubnis wird nur nach intensiver Sicherheitsprüfung gewährt und ist in den meisten Fällen strikt auf den Tagesaufenthalt begrenzt. Die Kontrollen an den Checkpoints sind nicht selten mit stundenlangem Warten und demütigenden Schikanen verbunden.

Dort, wo die Sperranlage auf palästinensischem Gebiet verläuft, entsteht zwischen Grenze und Sperranlage eine Randzone (Seam-Zone), innerhalb der dutzende Dörfer und tausende Hektar Land abgeriegelt sind[4]. Es ist ein besonders wasser- und ressourcenreicher Landesteil, wichtig für den Gemüse- und Obstanbau. Für viele tausend palästinensische Einwohner*innen dieser Zone ist die Versorgung, der Zugang zur Arbeitsstelle, zu den Verwandten, zu Schulen, Universitäten und Kultureinrichtungen erschwert. Darüber hinaus besitzen Bauern und Bäuerinnen aus etwa 150 Dörfern nahe der Sperranlage Felder innerhalb der Seam-Zone, zu denen ihnen der freie Zugang verwehrt ist[5]. Nur mit Passierscheinen können sie stundenweise durch einen der Landwirtschaftscheckpoints, die größtenteils nur saisonal betrieben werden, zu ihren Äckern, Olivenhainen oder Plantagen gelangen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erstellte auf Antrag der UNO 2004 ein Rechtsgutachten[6]. Darin wurde festgestellt: Der Verlauf der Sperranlage verstößt gegen internationales Recht. Israel kann dafür nicht das Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch nehmen. Der Bau nimmt einseitig territoriale Veränderungen vor, stellt faktisch eine Annexion von Land dar und verletzt grundlegende Rechte der palästinensischen Bevölkerung. Das Gericht erklärte, dass die Sperranlage dort, wo sie auf dem Gebiet der Westbank, bzw. in Ost-Jerusalem verläuft, abgebaut und die vom Bau Betroffenen entschädigt werden sollten. Israel hat die Gültigkeit des Gutachtens nicht anerkannt.

[1] https://www.un.org/unispal/in-facts-and-figures/ besucht am 15.07.2021

[2] https://www.btselem.org/separation_barrier besucht am 15.07.2021

[3] https://www.972mag.com/israel-permit-regime-palestinians-segregation/ besucht am 17.12.2020

[4] https://www.ochaopt.org/content/16-years-after-international-court-justice-advisory-opinion-some-11000-palestinians-are besucht am 17.12.2020

[5] https://www.ochaopt.org/sites/default/files/ocha_opt_barrier_factsheet_july_2013_english.pdf besucht am 17.12.2020

[6] https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/131/131-20040709-ADV-01-00-EN.pdf besucht am 17.12.2020

Seit dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 ist die Westbank – einschließlich Ostjerusalem – von der israelischen Armee besetzt. Im Oslo-II-Abkommen von 1995 wurde die Westbank in drei Zonen unterschiedlicher Autonomie aufgeteilt. Dieses Interimsabkommen sollte nur ein erster Schritt hin zu einer kompletten Autonomie der palästinensischen Gebiete sein. Eine Zwei-Staaten-Lösung und Frieden schienen damals greifbar nahe.

Zone A (ca. 18 % der Westbank) Die Zone A umfasst überwiegend die Gebiete der großen palästinensischen Städte. Hier hat die Palästinensische Autonomiebehörde die Verantwortung für Sicherheit und zivile Angelegenheiten. Dennoch führt die israelische Armee auch in diesen Gebieten immer wieder militärische Operationen durch.

Zone B (ca. 22 % der Westbank) In der Zone B liegen vor allem die palästinensischen Kleinstädte und Dörfer. Die Palästinensische Autonomiebehörde hat die Verantwortung für zivile Angelegenheiten. Für Sicherheitsfragen sind palästinensische und israelische Behörden gemeinsam verantwortlich.

Zone C (ca. 60 % der Westbank) In der Zone C leben ca. 300 000 Palästinenser*innen. Die israelische Armee hat die vollständige Kontrolle über Sicherheit und zivile Angelegenheiten. Hier befinden sich auch die völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen, Naturschutzgebiete, wichtige Verbindungsstraßen, Militärübungsgelände.

In 70 % der Zone C ist es den Palästinenser*innen untersagt, Bautätigkeiten durchzuführen[1]. Im übrigen Gebiet müssen sie Baugenehmigungen bei den israelischen Behörden beantragen. Diese werden selten erteilt (Ablehnungsquote: 98 %[2]), ganz egal, ob es sich um ein Wohnhaus, eine Schule, einen Zaun, einen Brunnen oder eine Wasserleitung handelt.

Bauen die Palästinenser*innen dort dennoch auf ihrem eigenen Grund und Boden, müssen sie damit rechnen, dass die gebaute Struktur auf Anordnung der israelischen Militäradministration zerstört wird. Seit Beginn der Erfassung im Januar 2009 bis Ende 2020 verzeichnete UNOCHA[3] die Zerstörung von über 2.700 palästinensischen Wohnhäusern. Über 10.000 Menschen wurden obdachlos, die Hälfte von ihnen Kinder. Hinzu kommen über 4.500 Zerstörungen von Zäunen, Zisternen, Lagerräumen, landwirtschaftlichen Gebäuden und Infrastruktur. Die Umsetzung von über 11.000 Zerstörungsanordnungen ist ausstehend[4].

Gleichzeitig wird der Ausbau der völkerrechtswidrigen israelischen Siedlungen in den C-Gebieten forciert. Etwa 140.000 Hektar Fläche der Westbank wurden zu israelischem Staatsland erklärt und davon etwa 50% für Bebauung und Entwicklung bereitgestellt: 99,76% für israelische, 0,24% für palästinensische Nutzung[5].

Teile der C-Gebiete (z.B. das Jordantal, die Bereiche der Siedlungen) stehen immer wieder im Fokus bezüglich einer möglichen israelischen Annexion von besetztem palästinensischem Gebiet.

[1] UNOCHA-OPT: „UNDER THREAT – Demolition orders in Area C of the West Bank“, 2015, S. 6 https://www.ochaopt.org/content/under-threat-demolition-orders-area-c-west-bank

[2] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-israel-rejects-98-of-palestinian-building-permit-requests-in-west-bank-s-area-c-1.8403807 besucht am 16.12.2020

[3] UNOCHA-OPT: Data on demolitions and displacement http://data.ochaopt.org/dbs/demolition/demolition/index.aspx besucht am 12.02.2021

[4] UNOCHA-OPT: „UNDER THREAT – Demolition orders in Area C of the West Bank“, 2015, S. 3

[5] https://peacenow.org.il/en/state-land-allocation-west-bank-israelis besucht am 16.12.2020

Unmittelbar nach der Besetzung im Sechs-Tage-Krieg 1967 wurden im Westjordanland und im inzwischen annektierten Ostjerusalem die ersten israelischen Siedlungen gegründet. Neben regierungsamtlich geplanten Städten und Wohngebieten unterschiedlicher Größe errichten häufig national-religiöse Aktivist*innen Caravan- und Barackenunterkünfte, sogenannte Außenposten, die dann in kürzester Zeit von staatlichen Stellen mit Straßen, Strom und Wasser versorgt werden.

Heute leben in fast 150 Siedlungen und über 120 Außenposten im Westjordanland, einschließlich Ost-Jerusalem, etwa 650.000 jüdische Siedler*innen[1]. Durch den Siedlungsbau wird die territoriale, wirtschaftliche und soziale Kohärenz des palästinensischen Gebiets aufgelöst und die Möglichkeit einer Zwei-Staaten-Lösung effektiv verhindert.

Die Siedlungstätigkeit wird durch administrative und finanzielle Erleichterungen[2] unterstützt. Siedlungen verfügen über eine gute Verkehrsanbindung an das israelische Kernland und eine moderne technische und soziale Infrastruktur. Sie liegen zumeist in der nach dem Oslo-Abkommen von Israel vollständig kontrollierten Zone C des Westjordanlandes und werden, einschließlich der ungenehmigten Außenposten, vom Militär geschützt.

Neben von Israel zu Staatsland erklärten Gebieten werden viele der Siedlungen zumindest partiell auf palästinensischem Privatland gebaut, wodurch immer mehr Land für die ansässige Bevölkerung verloren geht[3]. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren deutlich verstärkt und führt darüber hinaus immer häufiger zu Übergriffen israelischer Siedler auf palästinensische Dörfer, Menschen und Eigentum. Das Militär schreitet kaum ein, nur sehr selten kommt es zur Strafverfolgung[4].

Nach humanitärem Völkerrecht gelten alle Siedlungen und Siedlungsaußenposten als illegal, da eine Besatzungsmacht die eigene Zivilbevölkerung nicht in besetztes Gebiet transferieren darf (IV. Genfer Konvention 49/6[5]). Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Siedlungsbau zuletzt deutlich mit Resolution 2334[6]. Israel hält zwar die Errichtung der „Außenposten“ in der Regel für illegal, hat aber 2017 ihre rückwirkende Legalisierung gesetzlich erlaubt (Judea and Samaria Settlement Regulation Law). Obwohl der Oberste Gerichtshof Israels im Sommer 2020 gegen das Gesetz entschieden hatte[7], gehen die Bemühungen hinsichtlich der Legalisierung von Außenposten unvermindert weiter[8].

Die meisten Staaten, einschließlich Deutschland, unterscheiden hinsichtlich ihrer Beziehungen zu Israel strikt zwischen dem Staatsgebiet und den Siedlungen.

[1] https://peacenow.org.il/en/settlements-watch/settlements-data/population besucht am 17.12.2020

[2] https://www.haaretz.com/israel-news/business/israel-allocates-disproportionate-aid-to-settlements-study-finds-1.5466853 besucht am 17.12.2020

[3] https://www.haaretz.com/israel-news/.premium-revealed-3-500-settlement-homes-built-on-private-palestinian-land-1.5445036 besucht am 17.12.2020

[4] https://www.yesh-din.org/en/category/settler-violence/ besucht am 17.12.2020

[5] https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl.nsf/Article.xsp?action=openDocument&documentId=77068F12B8857C4DC12563CD0051BDB0 besucht am 17.12.2020

[6] https://www.un.org/Depts/german/sr/sr_16/sr2334.pdf besucht am 17.12.2020

[7] https://peacenow.org.il/en/reasons-the-high-court-rejected-the-expropriation-law besucht am 17.12.2020

[8] https://peacenow.org.il/en/plans-to-regularize-outposts-the-mechanism-to-take-over-100s-of-dunams-from-palestinians besucht am 17.12.2020

Über 900.000 Menschen leben heute in Jerusalem. Der politische Status der Stadt, die den drei monotheistischen Weltreligionen heilig ist, ist umstritten. Während Israel ganz Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt ansieht und dies mit der einseitigen Erweiterung des Stadtgebiets in die Westbank hinein bereits 1967 und der Annexion Ost- Jerusalems 1980 untermauert hat, hoffen die Palästinenser*innen, Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres zukünftigen Staates machen zu können.

Die meisten in Ost-Jerusalem lebenden Palästinenser*innen besitzen keine israelische Staatsbürgerschaft, sondern lediglich eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Diese kann bei längerer Abwesenheit, z.B. aufgrund von Studium oder Arbeit im Ausland, entzogen werden. Seit 1967 haben mindestens 14.500 Palästinenser*innen aus Ost-Jerusalem ihre Aufenthaltsgenehmigung verloren[1].

Im Zuge des israelischen Unabhängigkeitskrieges (1948-49) flohen die palästinensischen Bewohner*innen West-Jerusalems oder wurden vertrieben. Die jüdischen Einwohner*innen Ost-Jerusalems flohen gen Westen oder wurden vertrieben. Bis heute haben Palästinenser*innen keine Möglichkeit, in ihre Häuser in West-Jerusalem zurückzukehren. Im Gegensatz dazu kommt es immer häufiger zur Räumung der von palästinensischen Familien bewohnten Wohnungen und Gebäuden in Ost-Jerusalem, die vor 1948 in jüdischem Besitz waren[2]. Siedler*innen ziehen dann in diese Objekte ein.

In Ost-Jerusalem leben etwa 350.000 Palästinenser*innen und in 13 Siedlungen über 220.000 israelische Siedler*innen[3]. Die Siedlungen verstoßen gegen internationales Recht, da auch Ost-Jerusalem von fast allen Staaten der Welt weiterhin als besetztes Gebiet gesehen wird. Baugenehmigungen für Palästinenser*innen werden nur in seltenen Fällen ausgestellt, weshalb nach Einschätzung der UN etwa 1/3 aller palästinensischen Gebäude in Ost-Jerusalem „illegal“ errichtet wurde und etwa 100.000 Menschen von der Zerstörung ihrer Häuser und Wohnungen bedroht sind[4].

Alle Einwohner*innen Jerusalems zahlen Steuern. Trotzdem ist die Versorgung der östlichen Stadtteile sehr viel schlechter, nur etwa 10% des Budgets der Stadtverwaltung fließen in die arabischen Stadtteile[5]. Dies gilt z.B. für die Bereiche Bildung, Abfallwirtschaft, Versorgung mit Wasser und Strom und Zugang zu Einrichtungen der medizinischen Versorgung. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem leben 75% der Palästinenser*innen Ost-Jerusalems unterhalb der Armutsgrenze[6].

[1] https://www.hrw.org/news/2017/08/08/israel-jerusalem-palestinians-stripped-status besucht am 17.12.2020

[2] https://www.ochaopt.org/content/palestinian-family-evicted-its-home-east-jerusalem besucht am 17.12.2020

[3] https://peacenow.org.il/en/settlements-watch/settlements-data/jerusalem besucht am 17.12.2020

[4] https://www.ochaopt.org/content/record-number-demolitions-including-self-demolitions-east-jerusalem-april-2019 besucht am 17.12.2020

[5] https://www.ir-amim.org.il/en/policy_papers/jerusalem-municipality-budget-analysis-2013-share-investment-east-jerusalem besucht am 17.12.2020

[6] https://www.btselem.org/jerusalem besucht am 17.12.2020

Bildung ist ein Menschenrecht. Sie dient dem Kindeswohl, sie bietet Entwicklungschancen, die das Konfliktpotenzial senken. Und sie kann einer forcierten Abwanderung aufgrund mangelnder Zukunftsperspektiven begegnen. Doch Bildung findet in den besetzten Gebieten unter wachsender Bedrängnis statt.

Im vergangenen Jahrzehnt haben die israelischen Behörden im Westjordanland mindestens 23 Schulen oder Kindergärten ganz oder teilweise zerstört[1]. Im Frühjahr 2021sind 53 Schulen in der Westbank und Ost-Jerusalem von Zerstörung bedroht[2], jede zweite davon hat Hilfe von EU-Staaten erhalten. Begründet werden diese Anordnungen meist mit fehlenden Baugenehmigungen. Nicht zuletzt deshalb besuchen rund 10.000 Kinder Schulen in Zelten, Wellblechhütten, Containern oder Holzverschlägen[3].

Tausende palästinensische Kinder müssen auf ihrem Schulweg Sperranlagen und Checkpoints passieren. Immer wieder sind sie dabei Durchsuchungen durch israelische Sicherheitskräfte ausgesetzt. Jahr für Jahr werden zudem dutzende Übergriffe durch Armee und Siedler*innen auf Lernende, Lehrpersonal und Schulen dokumentiert. Die Armee setzt dabei auch Tränengas, Knallgranaten und Gummimantelgeschosse ein. Auch kann es auf dem Schulweg oder an der Schule zu Verhaftungen kommen[4].

Solche Vorgänge haben bei Heranwachsenden, mehr noch als bei Erwachsenen, traumatische Wirkung. Albträume, Bettnässen, mangelnde Konzentrationsfähigkeit und Verhaltensauffälligkeiten können Symptome dafür sein. Schlechtere schulische Leistungen bis hin zum Schulabbruch sind mögliche Folgen.

[1] Norwegian Refugee Council „Raided and Razed: Attacks on West Bank Education, Nov 2020, S.13 https://www.nrc.no/resources/reports/raided-and-razed/

[2] https://www.savethechildren.net/news/number-displaced-palestinian-children-four-year-high-demolitions-west-bank-continue besucht am 15.07.2021

[3] United Nations Country Team Occupied Palestinian Territory: Comman Country Analysis 2016, S.57 https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/CCA_Report_En.pdf

[4] Global Coalition to Protect Schools from Attack: Education under Attack 2020 https://protectingeducation.org/wp-content/uploads/eua_2020_palestine.pdf

Das EAPPI-Netzwerk Deutschland wurde im Jahr 2005 gegründet. Es dient der Vernetzung ehemaliger deutscher Teilnehmer*innen des Programms und der Durchführung gemeinsamer Aktivitäten zum Thema Palästina und Israel in Deutschland. Der EAPPI-Netzwerk Deutschland e.V. existiert seit 2014, der Verein zeichnet verantwortlich für diese Ausstellung.

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